Berlin. Gut sieben Wochen vor der Bundestagswahl greift die SPD verstärkt Kanzlerin Merkel (CDU) an. Die ersten Wahlplakate, die am Dienstag vorgestellt wurden, nehmen unter anderem Merkels Umgang mit der NSA-Spähaffäre aufs Korn. Kanzlerkandidat Steinbrück warf Merkel eine Politik des Stillstands und des Einlullens vor.
Die SPD will mit Attacken gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und einer scharfen inhaltlichen Abgrenzung im Bundestagswahlkampf das Ruder noch herumreißen. "Wir wollen am 22. September einen Regierungswechsel, weil wir Bewegung statt Stillstand wollen", sagte Kanzlerkandidat Peer Steinbrück am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung der Wahlkampfplakate. Er will bis zum 22. September bundesweit rund 100 Veranstaltungen absolvieren. Trotz Umfragerückstands bekräftigte er das Ziel einer rot-grünen Koalition.
Ein Plakat zeigt Merkel, wie sie in ihrer Handtasche kramt. In Anspielung auf ihr Verhalten in der NSA-Ausspähaffäre lautet der Slogan: "Privatsphäre - Neuland für Merkel?". Ein Plakat mit Merkel, Kanzleramtschef Ronald Pofalla und Verteidigungsminister Thomas de Maizière (alle CDU) ziert die Frage: "Merkels Kompetenzteam?". Die Minister stehen wegen der Affären um Datenausspähung und das Drohnenprojekt "Euro Hawk" in der Kritik.
SPD gibt 23 Millionen Euro für den Wahlkampf aus
Noch 2012 hatte Parteichef Sigmar Gabriel bei der Vorstandsklausur in Potsdam betont: "Es geht nicht um einen Wahlkampf gegen die Kanzlerin Merkel". Die Gegner seien die Finanzmärkte und die soziale Spaltung in Deutschland. Steinbrück betonte nun, es gehe um eine inhaltliche, aber nicht verletzende Auseinandersetzung.
Insgesamt gibt die Partei rund 23 Millionen Euro für den Wahlkampf aus. Ab August sollen 8000 Großplakate aufgestellt werden, hinzu kommen TV-Spots und Online-Werbung. Weniger stark als früher will die Partei auf Zeitungsanzeigen setzen. Das Wahlprogramm in einfacher Sprache soll 250.000 Mal gedruckt werden, die Langfassung 80.000 Mal.
Inhaltliche Forderungen: Mindestlohn und Mindestrente
Neben den Merkel-Attacken setzt die SPD vor allem auf ihre zentralen inhaltlichen Forderungen. Ein Hausmeister und eine Putzfrau sind auf einem Plakat mit dem Slogan: "Wir - für den gesetzlichen Mindestlohn" zu sehen. Die SPD will 8,50 Euro pro Stunde. Zudem wirbt eine Familie - mit gepackten Kisten im Hintergrund - für bezahlbare Mieten. Die SPD will nur noch eine maximal zehnprozentige Erhöhung bei Neuvermietungen.
Wahlkampf mit der SPD
Zudem wirbt die SPD mit dem Slogan "Wir - für ein Alter ohne Armut" für ihr Rentenkonzept, dass für langjährige Einzahler 850 Euro Mindestrente vorsieht. Im Fokus der Plakate steht ein großes "Wir" - analog zum Wahlkampfslogan "Das Wir entscheidet".
Andrea Nahlers verspricht "Klartext statt Merkeleien"
"Wir bieten Klartext statt Merkeleien", sagte Generalsekretärin und Wahlkampfmanagerin Andrea Nahles bei der Präsentation im Ballhaus Rixdorf in Berlin-Kreuzberg. Im Mittelpunkt stehe der Kontakt mit Bürgern, bereits 450.000 Hausbesuche seien gemacht worden - geplant sind bis zu fünf Millionen Hausbesuche. Bisher sind mehr als 14.000 freiwillige Helfer registriert. Vorbild für die Mitmach-Plattform sind von Nahles gemachte Erfahrungen im US-Wahlkampf.
Steinbrück selbst hatte vergangene Woche eine Studenten-WG in Berlin besucht - und bei Kartoffelsalat und Flaschenbier zwei Stunden mit den Gastgebern diskutiert. "Das waren ganz lustige Gespräche.". Anfang April hatte der Student Steinbrück bei einer Veranstaltung eingeladen. Steinbrück hatte spontan zugesagt - auch weil er anders als bei älteren Semestern auf einen gewissen Multiplikatoreffekt seines Besuchs via Twitter und Facebook hoffen konnte.
Steinbrück warf der Regierung vor, weder eine Pflege- noch eine Gesundheits- oder Steuerreform angegangen zu haben. Und bei der Energiewende gebe es ein "grottenschlechtes Management". Plötzlich wolle auch Merkel eine Mietpreisbremse, doch noch Ende Juni habe die Union dies im Bundestag abgelehnt. "Damit werde wir sie vorführen." Als Bundeskanzler werde er die Republik nicht einlullen, sondern er werde ein Kanzler sein, der die Menschen auch fordern werde. (dpa/rtr)