Düsseldorf. Dem Volk ist Ehrlichkeit wichtig, den Volksvertretern Toleranz. Das ist das Ergebnis einer großen Werte-Umfrage. Fazit: Die Politiker sollten in dieser Frage näher an die Wähler rücken. Was noch herauskam: Bürger und Politiker glauben, dass Werte an Bedeutung verlieren.
Werte sind in den letzten fünf Jahren unwichtiger geworden – darin sind sich Politiker und Bürger einig, wenn auch auf unterschiedlichem Niveau. Immerhin 55 Prozent der Wähler messen Werten weniger Bedeutung zu, gegenüber 39 Prozent der Abgeordneten. Und: während Ehrlichkeit gepaart mit Respekt unter der Bevölkerung oben in der Skala rangiert, belegen bei Politikern häufig auch „Gemeinschaftswerte“ wie Toleranz oder Solidarität vordere Plätze.
„Die Bevölkerung hängt das Thema Werte einfach deutlich tiefer als ihre Vertreter“, sagte Joachim Klewes, Leiter der Wissenschaftsstiftung „Change Centre Foundation“. Gemeinsam mit den Meinungsforschern von „YouGov“ und dem Düsseldorfer Parteienforscher Ulrich von Alemann hat er über 2000 Bundesbürger und 1061 Abgeordnete aus Bund, Ländern und Kommunen für die Wertestudie 2013 befragen lassen.
Grünen-Anhänger halten am wenigsten von der Familie
Den Bürgern, auch in NRW, ist ein ganzer Kanon von Werten im gegenseitigen Umgang besonders wichtig. 49 Prozent der Menschen an Rhein und Ruhr nannten Respekt an erster Stelle, es folgt Gerechtigkeit mit 41 Prozent. Auch die Familie liegt nach der Studie mit 38 Prozent im oberen Bereich. Einzig bei Wählern der Grünen verzeichnet die Familie mit 29 Prozent einen Ausreißer nach unten. Weit weniger genannt wurden von den Befragten etwa Tradition oder Fleiß, die nur im einstelligen Prozentbereich landeten.
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Wo die Lebenswirklichkeit sich unterscheidet, öffne sich auch die Schere bei den Werten, so die Autoren. Ausgerechnet im linken Lager – bei SPD, Linkspartei und Grünen – klafft etwa die Bewertung von „Gerechtigkeit“ bei Parteien und Anhängern deutlich auseinander. Sie wird von Volksvertretern durchweg höher eingeschätzt. CDU-Politiker stufen „Freiheit“ weit wichtiger ein als ihre Wähler. „Die Volksvertreter müssen näher an ihr Volk rücken“ folgert Klewes. Die geringste Werte-Lücke wurde bei der FDP gemessen.
Politiker unterschätzen ihre Rolle als Vorbild
Wer vermittelt Werte am besten? In erster Linie Eltern, Erzieher und Lehrer – darin sind sich beide Gruppen unter den Befragten einig. Auch in NRW genießen Eltern mit 79 Prozent die größte Autorität, um Werte vorzuleben oder weiterzugeben. Mit klarem Abstand folgen Lehrer und Erzieher (43 Prozent). Immerhin an dritter Stelle mit 29 Prozent rangieren Politiker noch vor Freunden (25 Prozent). In ihrer eigenen Bewertung liegen Abgeordnete dagegen nur auf Platz 4.
Auffällig, dass Prominente aus Musik oder Medien als Werte-Instanz klar abgeschlagen sind.