Berlin. . Die Parteien würden gerne einen simplen Lagerwahlkampf führen, jedoch haben weder Schwarz-Gelb noch Rot-Grün nach aktuellen Umfragen eine Mehrheit. Auch zahlreiche andere Optionen sind denkbar, derzeitigen Umfragen nach aber unwahrscheinlich. Eine Analyse zu verschiedenen Koalitionsmöglichkeiten.
Wer regiert in Berlin nach dem 22. September? Auch wenn die Wahlkampfstrategen am liebsten einen simplen Lagerwahlkampf – Schwarz-Gelb gegen Rot-Grün – führen würden, angesichts der Umfragen kommt die Debatte um Koalitions-Möglichkeiten jetzt richtig in Fahrt: SPD-Vize Hannelore Kraft schließt eine Große Koalition ausdrücklich nicht aus. Welches Regierungsbündnis ist realistisch, wer hat die besten Karten im Koalitions-Poker?
Schwarz-Gelb - Alles hängt am Erfolg der FDP
Schwarz-Gelb: Offiziell Wunschbündnis der beteiligten Parteien, aber nur bei 37 Prozent der Wähler. Viel hängt davon ab, ob die FDP wieder in den Bundestag kommt. Aber auch wenn es die Liberalen schaffen, dürfte es knapp werden. Die Union hat ihre Anhänger offenbar bereits mobilisiert. Die Eurokritiker-Partei AfD bleibt ein Risiko. Inhaltlich wären die Schnittmengen zwischen Union und FDP relativ groß, beide Parteien haben inzwischen Routine in diesem Bündnis. Aber: Kanzlerin Angela Merkel müsste längere Zeit gegen Rot-Grün im Bundesrat anregieren.
Wahrscheinlichkeit: mittel, aktuell steigende Tendenz
Aktuelle Umfrage: Union 41%, FDP 4%
Große Koalition - Das, was die Bürger wollen
Große Koalition: Für die Bundesbürger klar die Lieblingsregierung, 42 Prozent sind für Schwarz-Rot - für viele in der SPD aber eine Horrorvorstellung, nachdem die Große Koalition 2009 für sie in einem Wahldesaster endete. Diesmal wäre die SPD sogar noch ein deutlich kleinerer Partner. Dennoch voraussichtlich die einzig belastbare Koalitionsoption für die SPD. Auch die Union hält sich die Türen offen. Inhaltliche Verständigung gut möglich. Aber eine öffentliche Debatte will die SPD um jeden Preis verhindern, um die Mobilisierung von Rot-Grün nicht zu gefährden. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will einem schwarz-roten Kabinett unter Angela Merkel indes nicht angehören. Vizekanzler würde Frank-Walter Steinmeier oder Parteichef Sigmar Gabriel.
Wahrscheinlichkeit: hoch
Aktuelle Umfrage: Union 41%, SPD 26%
Rot-Grün - Das Bündnis mit Mehrheit im Bundesrat
Rot-Grün: Wunschbündnis der beiden Parteien, aber nur noch 9 Prozent der Wähler erwarten diese Koalition. Um die 7 Prozentpunkte müssten beide Parteien mindestens noch aufholen – nicht unmöglich, die SPD hat Mobilisierungspotenzial, aber mehr und mehr unwahrscheinlich. Inhaltliche Schnittmengen wären groß, das Bündnis hätte als einziges auf absehbare Zeit eine Mehrheit im Bundesrat.
Wahrscheinlichkeit: nur noch mäßig
Aktuelle Umfrage: SPD 26%, Grüne 13 %
Ampel-Koalition: Ein Bündnis von SPD, Grünen und FDP galt Sozialdemokraten lange als Hoffnungsanker. Doch die FDP will am 12. September auf einem Wahlkonvent die Ampel förmlich ausschließen. Die inhaltlichen Hürden, etwa beim Steuerthema, wären wohl auch zu hoch.
Wahrscheinlichkeit: gegen Null
Aktuelle Umfrage: SPD 26%, Grüne 13%, FDP 4%
Schwarz-Grün - der Exot unter den Koalitionsoptionen
Schwarz-Grün: Seit vielen Jahren in der Diskussion, einige Politiker in beiden Parteien werben dafür. Vor der Wahl stehen die Zeichen auf Ablehnung, Merkel spricht von einem „Hirngespinst.“ Tatsächlich fehlte einer solchen Koalition die Vorbereitung, die wenigen Erfahrungen in den Ländern sind negativ. Vor allem die Grünen-Basis würde revoltieren. Trotzdem ist Schwarz-Grün nicht ausgeschlossen – die Kanzlerin würde gerne ihre Optionen erweitern, für maßgebliche Grünen-Politiker wäre es die letzte Chance auf Regierungsbeteiligung. Geht Schwarz-Gelb nicht, wird zumindest darüber gesprochen.
Wahrscheinlichkeit: möglich
Aktuelle Umfrage: Union: 41 %, Grüne 13 %
Rot-Rot-Grün - Das Bündnis, das offiziell keiner will
Rot-Rot-Grün: Rechnerisch hätte das Bündnis gute Aussichten, die Koalition will im Wahlkampf vor Rot-Rot-Grün warnen. Aber die SPD-Spitze hat diese Option wiederholt ausgeschlossen, der Wortbruch würde die Partei erschüttern; auch die Grünen sind überwiegend skeptisch. Dafür kursieren in Berlin Spekulationen über eine rot-grüne Minderheitsregierung, die von der Linkspartei toleriert würde – wie zeitweise in NRW. Die SPD-Führung dementiert, einige in der SPD-Spitze trauen es Parteichef Gabriel aber zu.
Wahrscheinlichkeit: sehr gering
Aktuelle Umfrage: SPD 26%, Grüne 13%, Linke 7%.