Dortmund. . Zwar stieg die Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeiter in den letzten Jahren stark an, doch über 70 Prozent von ihnen arbeiten mit befristeten Verträgen. Der DGB hatte die Hochschulen deswegen attackiert. Die Rektoren weisen Kritik an schlechten Arbeitsbedingungen aber entschieden zurück.

Die Hochschulen seien miserable Arbeitgeber. Mit befristeten Verträgen, schlechter Bezahlung und hohem Arbeitsdruck beuteten sie ihre Mitarbeiter in Wissenschaft und Verwaltung aus. So sieht es der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), nach dem er Beschäftigte nach ihren Arbeitsbedingungen befragt hatte. Die Hochschulen seien „meilenweit davon entfernt, ein guter Arbeitgeber zu sein“, fasste DGB-Chef Andreas Meyer-Lauber zusammen. Das sei nicht nur schlecht für die Betroffenen, sondern schlimm für die Zukunft des Wissenschaftslandes.

Ursula Gather bringt das auf die Palme. Die Rektorin der TU Dortmund wirft dem DGB vor, unsauber gearbeitet zu haben. „Die Erhebung ist nicht repräsentativ und höchst fragwürdig. Damit kann man statistisch aber auch gar keine Aussage treffen.“ Prof. Gather ist zugleich Vorsitzende der Unirektoren in NRW, sie weist die Studie daher nicht nur für ihre Hochschule zurück, sondern bezweifelt allgemein deren Aussagekraft.

Spiel mit Zahlen

Nur 900 Personen seien befragt worden, moniert Gather, dabei seien an NRW-Hochschulen rund 120 000 Personen in Wissenschaft und Verwaltung beschäftigt. Auch stimme es nicht, dass die Zahl der befristeten Beschäftigungsverhältnisse stark zugenommen habe. Zwar sei es richtig, dass 2011 rund 71 Prozent des wissenschaftlich-künstlerischen Personals befristete Verträge hat, fünf Jahre zuvor waren es 67 Prozent – das könne man nicht eine „ausufernde Befristungspraxis“ nennen, weist Gather die Vorwürfe Meyer-Laubers zurück.

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Sie unterstellt dem DGB, mit Zahlenspielen politisch einen falschen Eindruck erwecken zu wollen – und dreht den Spieß um: Jeder fünfte Hochschul-Beschäftigte klage über zu hohe Arbeitsbelastung, ergab die DGB-Umfrage. Gather: „Umgekehrt bedeutet dies, dass 80 Prozent zufrieden bis neutral sind.“ Es sei somit „einfach falsch, dass wir mit staatlichem Geld schlechte Arbeitsverhältnisse schaffen“, sagt sie.

Keine zusätzlichen Professorenstellen

Insgesamt arbeiten so viele Wissenschaftler an den Hochschulen wie nie zuvor. Grund sind die deutlich gestiegenen „Drittmittel“, das sind Gelder, die für bestimmte Projekte oder zusätzliche Studienplätze fließen, etwa von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), vom Bund oder der EU. Warben die Unis in NRW 2006 rund 605 Millionen Euro zusätzlicher Mittel ein, waren es 2011 mehr als 930 Millionen, ein Plus von 54 Prozent. Ein großer Teil davon fließt in wissenschaftliches Personal, deren Zahl fast in gleichem Maß stieg (44 Prozent).

Das Problem: Drittmittel-Projekte sind zeitlich befristet und müssen jeweils neu beantragt werden. Manche Forscher hangeln sich so von einem Zeitvertrag zum nächsten. Zugleich sinken real die Zuwendungen vom Staat. Der Effekt: eine wachsende Schar von Nachwuchsforschern balgt sich um eine stagnierende Zahl von Professorenstellen.

So landet mancher talentierte Nachwuchsforscher in der akademischen Sackgasse. Ursula Gather: „Wir qualifizieren junge Menschen auf höchstem Niveau.“ Sie hätten beste Karriere-Chancen – auch außerhalb der Uni.