Kairo. . Bei den Protesten gegen den ägyptischen Präsidenten Mursi kündigt sich eine Entscheidung an. Das Militär dringt auf eine rasche Lösung des Machtkampfes. Generalstabschef Fattah al-Sisi erklärte am Montag, er gebe der Politik 48 Stunden Zeit, die Forderungen der Bevölkerung zu erfüllen. Am Montagabend haben Demonstranten die Zentrale der Wasat-Partei in Kairo in Brand gesteckt.

In Ägypten haben Demonstranten ihre Angriffe auf Gebäude islamistischer Parteien ausgeweitet. Am Montagabend wurde die Zentrale der Wasat-Partei in Kairo in Brand gesteckt. Die Partei war in den 1990er Jahren von Mitgliedern der Muslimbrüder gegründet worden und erst nach dem Sturz von Machthaber Husni Mubarak offiziell erlaubt worden. Demonstranten hatten zuvor bereits den Hauptsitz der Muslimbrüder gestürmt und in Brand gesetzt.

Das ägyptische Militär hat der Protestbewegung und den regierenden Islamisten am Montag ein Ultimatum gestellt. Innerhalb von 48 Stunden müsse in dem Land wieder Ruhe einkehren. Ansonsten kündigte die Militärführung am Montag in einer Erklärung Entscheidungen an, um den Zustand zu beenden.

Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi sprach in einem Statement von einer "letzten Chance". "Wenn die Forderungen der Menschen in Ägypten nicht innerhalb der Frist erfüllt werden, wird das Militär - gemäß seiner nationalen und historischen Verantwortung - einen Plan für die Zukunft verkünden und eine Reihe von Maßnahmen anleiten, die unter Beteiligung aller politischen Fraktionen umgesetzt werden." Die Armee hatte bereits zuvor angekündigt einzugreifen, wenn der Machtkampf in Ägypten außer Kontrolle gerate.

Ägyptens Präsident Mursi verliert Rückhalt in eigenen Reihen

Der unter dem Druck der Straße stehende ägyptische Präsident Mohammed Mursi verliert unterdessen an Rückhalt in den eigenen Reihen. Nach dem Tod von 16 Menschen bei landesweiten Massenprotesten gegen den Staatschef reichten vier Mitglieder des Kabinetts am Montag ihren Rücktritt ein, wie ein Regierungsvertreter mitteilte. Am Montag setzten Demonstranten in Kairo den Sitz der Muslimbruderschaft, der Mursi entstammt, in Brand.

Dem Regierungsvertreter zufolge reichten die Minister für Kommunikation, Tourismus, Umwelt und Justiz gemeinsam bei Ministerpräsident Hischam Kandil ihren Rücktritt ein. Tourismusminister Hischam Sasu hatte bereits seinen Rücktritt erwogen, nachdem der umstrittene islamistische Politiker Adel al-Chajat im Juni zum Gouverneur der Touristenregion Luxor ernannt worden war. Dessen islamistische Partei hatte sich zu einem Anschlag auf ausländische Touristen 1997 in Luxor bekannt, bei dem 58 Menschen getötet wurden.

Die seit Tagen andauernden gewaltsamen Proteste gegen Mursi verschärften sich am Sonntag, dem ersten Jahrestag des Präsidenten im Amt. Die Armee sprach von "Millionen" Teilnehmern bei den Demonstrationen gegen den Staatschef im ganzen Land. In Kairo demonstrierten demnach rund 25.000 Anhänger Mursis.

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Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden landesweit 16 Menschen getötet, darunter acht bei Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis vor dem Sitz der Muslimbruderschaft in Kairo. Bereits in der vergangenen Woche hatte es acht Todesopfer bei den Protesten gegeben, bei denen sich Anhänger und Gegner des Präsidenten zum Teil heftige Straßenschlachten lieferten.

Protest-Bewegung drängt auf Rücktritt Mursis

Die Demonstrationen in Kairo verliefen am Sonntag zunächst friedlich. Hunderte Menschen verbrachten die Nacht zum Montag auf dem zentralen Tahrir-Platz. Gleichzeitig griffen Regierungsgegner dann die Zentrale der Muslimbrüder im Stadtteil Mokattam mit Molotowcocktails und Schüssen an. Am Montagvormittag stürmten Demonstranten das Gebäude und setzten es in Brand. Angreifer warfen Gegenstände aus den Fenstern und plünderten die Räume. Laut Augenzeugen hielt sich zu Beginn der Erstürmung kein Mitglied der Muslimbruderschaft in dem Gebäude auf.

Die Oppositionsbewegung rief ihre Anhänger auf, bis zum Rücktritt Mursis auf den Straßen zu bleiben. Sie setzte Mursi ein 24-stündiges Ultimatum zum Rücktritt. Der Staatschef habe bis 17 Uhr (Ortszeit und MESZ) am Dienstagnachmittag "Zeit, die Macht abzugeben und es den Behörden zu ermöglichen, eine vorgezogene Präsidentschaftswahl zu organisieren", teilte das Bündnis Tamarod auf seiner Internetseite mit. Sollte Mursi dieser Aufforderung nicht nachkommen, werde es "eine Kampagne des vollständigen zivilen Ungehorsams" geben.

Der linksnationalistische ehemalige Präsidentschaftskandidat Hamdin Sabahi forderte die Armee zum Eingreifen auf, sollte der Präsident nicht freiwillig seinen Platz räumen. Mursi lehnte dies wiederholt ab. Sein Sprecher Ehab Fahmi bekräftigte am Sonntag, der Dialog sei der "einzige Weg, über den wir eine Einigung erzielen können". Die Armee kündigte am Nachmittag eine baldige Fernsehansprache an.

Tamarod sammelte nach eigenen Angaben bereits rund 22 Millionen Unterschriften für Mursis Rücktritt. Bei der Präsidentschaftswahl hatten 13,2 Millionen Ägypter für ihn gestimmt. (dpa/rtr/afp)