Berlin. Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi war zu einem Kurzbesuch in Deutschland. Kanzlerin Merkel forderte den islamistischen Staatschef angesichts der anhaltenden Unruhen in Ägypten zur Einhaltung der Menschenrechte auf. Am Rande des Treffens kam es zu Demonstrationen.

Der ägyptische Staatspräsident Mohammed Mursi ist von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwochmittag im Kanzleramt mit militärischen Ehren empfangen worden. Merkel forderte Mursi dabei angesichts der anhaltenden Unruhen in Ägypten zur Einhaltung der Menschenrechte und der Religionsfreiheit auf. Es war das erste persönliche Aufeinandertreffen der Beiden.

Nach einem Gespräch mit ihm im Kanzleramt sagte sie, für die Bundesregierung sei es wichtig, dass zu allen politischen Kräften ein Gesprächsfaden vorhanden sei. Aus ihrer Sicht sei eine gute Wirtschaftsentwicklung ein Beitrag für stabile politische Verhältnisse, betonte die Kanzlerin.

Mursi, der der islamistischen Muslimbruderschaft mindestens nahesteht, versicherte, er wolle demokratische Reformen in seinem Land vorantreiben: „Ägypten wird ein Rechtsstaat sein.“ Die Verhängung des Notstands in Teilen des Landes verteidigte er als vorübergehende Maßnahme: „Sie dient der Sicherheit der Einwohner, um kriminellen Überfällen ein Ende zu setzen." Der Ausnahmezustand solle beendet werden, sobald keine Notwendigkeit mehr bestehe.

Mursi wehrt sich gegen „Einmischung in interne Angelegenheiten“

Auf die Frage, ob er die Opposition in eine Allparteienregierung einbinden wolle, sagte Mursi, es gebe eine stabile Regierung. Nach den Parlamentswahlen in wenigen Monaten werde über eine neue Regierung entschieden. Er sprach sich für einen Ausbau der deutsch-ägyptischen Beziehungen aus, verwahrte sich aber gegen die „Einmischung in interne Angelegenheiten“.

Der Präsident würdigte, dass Deutschland den Demokratisierungsprozess von Anfang begleitet habe. Die Zusammenarbeit beider Länder könne in den Bereichen Wirtschaft, Kultur, Politik und Wissenschaft ausgebaut werden. Mursi sprach von einem „neuen Sprung der Kooperation“.

Mursi fühlt sich beim Thema Judentum falsch verstanden

Angesprochen auf seine Äußerungen über die Zionisten in Israel, sagte der 61-Jährige: „Ich bin nicht gegen das Judentum als Religion. Ich bin nicht gegen die Juden, die ihre Religion ausüben.“ Seine Äußerungen seien aus dem Kontext gerissen worden. Jeder könne seine Religion ausüben, wie er wolle, solange es im Rahmen der Gesetze bleibe.

Mehrere internationale Medien hatten Mitte Januar über TV-Interviews von Mursi aus dem Jahr 2010 berichtet. Darin hatte er die Zionisten in Israel als „Blutsauger“ und „Nachfahren von Affen und Schweinen“ beschimpft. Das Staatsoberhaupt, sagte nun, es sei damals die Rede von religiösen Praktiken gewesen, mit denen Blut vergossen oder mit denen unschuldige Zivilisten angegriffen würden.

Merkel sieht wichtige Rolle Ägyptens im Nahen Osten 

Bundeskanzlerin Merkel unterstrich bei Mursis Besuch in Berlin die Rolle Ägyptens im seit langem stockenden Nahost-Friedensprozess. "Ägypten ist eine wichtige Stimme und kann einen wichtigen Beitrag leisten", sagte Merkel am Mittwoch. Sie dankte Mursi für das Engagement seines Landes für eine Waffenruhe nach dem jüngsten Beschuss Israels aus dem Gazastreifen.

Gleichzeitig forderte der ägyptische Präsident einen Stopp des Blutvergießens in Syrien: Der Druck auf Syrien müsse aufrechterhalten werden. Das Regime dürfe sich nicht auf Kosten Unschuldiger an die Macht klammern.

Menschenrechtsgruppen protestieren gegen Gewalt in Ägypten

Vor dem Treffen hatten mehrere Menschenrechtsgruppen am Kanzleramt gegen die Gewalt in Ägypten protestiert. „Auch in den vergangenen Monaten hat sich unter der Präsidentschaft Mursis die Menschenrechtslage in Ägypten nicht durchgreifend verbessert“, sagte Henning Franzmeier von Amnesty International der Nachrichtenagentur dapd.

Die Aktivisten der Menschenrechtsorganisation verliehen ihren Forderungen mit Plakaten und zwei großen Nofretete-Figuren Ausdruck, die jeweils eine Gasmaske und einen blutigen Verband trugen. Daneben skandierten mehrere Exil-Ägypter lautstark gegen Mursi, unter dem Menschenrechtsverletzungen genauso weitergeführt würden, wie unter dem ehemaligen Präsidenten Husni Mubarak. (dpa/dapd/Reuters)