Berlin/Wiesbaden. . Nach den Enthüllungen um “Prism“ und “Tempora“ richtet sich der Fokus auch auf den deutschen Geheimdienst. Der Bundesnachrichtendienst (BND) sammelt ebenfalls Telefon- und Computerdaten im großem Umfang, solange keine deutschen Staatsbürger involviert sind.
Beim Abschöpfen von Informationen aus den weltweiten Netzen der Telefon- und Computerkommunikation mischt auch der deutsche Auslandsgeheimdienst in nennenswertem Umfang mit. Voraussetzung: Es sind keine deutschen Staatsbürger betroffen. Das wird in Berlin bestätigt. Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat danach 2012 bis zu eine Million Daten abgefischt. Das ist aber viel weniger als noch 2010, als 37 Millionen in seinen Fängen hängen blieben.
Nachrichtenexperten glauben, dass die Verringerung eine Qualitätsverbesserung zur Folge hat. Der BND filtere heute gezielter, was im Kampf gegen Terror, Waffenhandel und Schleuser interessieren könnte.
Jede gezielte Aktion muss vom G10-Ausschuss genehmigt werden, einem vierköpfigen Gremium, das der Bundestag einsetzt. Der BND versichert, dass deutsche Staatsbürger nicht belauscht werden. Endet eine Internetadresse auf .de oder stammen IP-Computeradresse oder Telefonnummer aus Deutschland, unterbleibe die Auswertung.
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Ähnlich schützen Amerikaner und Briten eigene Staatsbürger – auch wenn Mitarbeiter des US-Geheimdienstes NSA mit dem System „Prism“ mit angeblich 100 Milliarden monatlich ungleich mehr Daten abgefangen haben als ihre deutschen Kollegen.
Von Boston lernen - und Handy-Videos auswerten
Mehr Probleme haben – im Inland – offenbar die deutschen Strafverfolgungsbehörden mit der technischen Aufklärung von schweren Verbrechen. Nach Informationen der Funke Mediengruppe ist der Ärger im Bundeskriminalamt (BKA) groß, dass das Abhören von Kommunikation auf den beliebten Kanälen Facebook, Twitter und über das Internettelefon Skype für die Polizei gesetzlich wie bei der Entschlüsselung von Gesprächen unmöglich sei. Bei technisch gewieften Tätern, die zum Beispiel im Verdacht des Kindesmissbrauchs im Internet stehen, sinke der Aufklärungserfolg oft gegen null. BKA-Chef Jörg Ziercke kritisiert, in Deutschland entstehe durch die rechtlichen und technischen Beschränkungen der Polizeiarbeit eine „Gerechtigkeitslücke“.
Ziercke will jetzt von den Amerikanern lernen, die den Bostoner Terroranschlag über private Handy-Videos aufklären konnten. Das BKA will künftig nach Anschlägen im öffentlichen Raum dazu aufrufen, geeignete Handy-Videoaufnahmen einzuschicken. Derzeit wird eine Software entwickelt, die massenhafte Einsendungen sortieren kann.