Peking. US-Außenminister Kerry wirbt um Chinas Hilfe im Korea-Konflikt. Beide Seiten wollen enger zusammenarbeiten. Was das konkret heißt, bleibt aber offen. Die Machthaber in Peking scheuen davor zurück, den Druck auf den Verbündeten zu erhöhen - aus Furcht vor Chaos.

China und die USA suchen gemeinsam nach neuen Wegen zur Entschärfung der Korea-Krise. Beide Seiten vereinbarten beim Besuch von US-Außenminister John Kerry am Samstag in Peking eine engere Zusammenarbeit, um eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel zu erreichen. Konkrete Beschlüsse, wie auf die jüngsten nordkoreanischen Provokationen reagiert werden sollte, wurden aber nicht bekannt.

Beide Länder hätten sich auf weitere Gespräche geeinigt, sagte US-Außenminister John Kerry nach Treffen mit der chinesischen Führung. "Es ist ein kritischer Augenblick", sagte Kerry am Samstag bei seinem Treffen mit Chinas neuem Außenminister Wang Yi.

Der letzte Verbündete scheut die Folgen eines Zusammenbruchs des Regimes

"Wir sollten einen gemeinsamen Weg für eine neue Beziehung zwischen beiden Weltmächten ebnen", forderte Staats- und Parteichef Xi Jinping nach seinem Gespräch mit Kerry. Die positive Kooperation und der Dialog zwischen beiden Ländern müssten fortgesetzt werden. Auch mit Ministerpräsident Li Keqiang führte der US-Außenminister Gespräche.

Außenminister Wang Yi rief in Peking allgemein zu einer atomaren Abrüstung auf der koreanischen Halbinsel auf. "China bleibt bei seiner Forderung nach Denuklearisierung, Frieden auf der Halbinsel und Lösung der Themen durch Dialog", sagte Yi laut Xinhua. Wang Yi gilt als ausgewiesener Nordkorea-Experte. Er war zeitweise Chefunterhändler Chinas bei den Sechs-Parteien-Gesprächen. Einen Ausweg aus der Krise sieht China vor allem laut Diplomaten in direkten Gesprächen zwischen den USA und Nordkorea.

Die Volksrepublik, die einzige Verbündete Nordkoreas, hat den Druck bisher nicht merklich erhöht. Die Führung in Peking fürchtet vor allem, dass sich die Lage in dem abgeschotteten Land weiter verschlechtert, die Regierung zusammenbricht und dann Flüchtlingsmassen über die Grenze strömen. Trotzdem hatte China zuletzt einen leicht veränderten Ton angeschlagen. So hatte Präsident Xi kürzlich gewarnt, keinem Land dürfe erlaubt werden, eine Region oder gar die ganze Welt aus selbstsüchtigen Motiven ins Chaos zu stürzen.

Es bleiben Risse in den Beziehungen

Trotzdem wurden auch Risse in den Beziehungen zwischen China und den USA deutlich. Die amtliche chinesische Nachrichtenagentur machte die USA etwa für die Spannungen in der Korea-Krise mitverantwortlich. "Während die USA Nordkorea eine rücksichtlose Provokation und das Ignorieren internationaler Wünsche vorwerfen, facht Washington selbst die Flammen an", schrieb Xinhua in einem Kommentar. Die US-Führung sende mehr Flugzeuge, Bomber und Raketenabwehrschiffe nach Ostasien. Außerdem unternehme Washington gemeinsame Militärmanöver mit seinen Verbündeten in der Region "in einer dramatischen Darstellung seiner präventiven Macht".

Trotz dieser Rhetorik ist China frustriert über seinen traditionellen Verbündeten Nordkorea. Besonders die drei Atomwaffentests 2006, 2009 und im Februar dieses Jahres haben die Beziehungen belastet. Peking stimmte deswegen auch den jüngsten Sanktionen des UN-Sicherheitsrats gegen Pjöngjang zu. Die Lage auf der koreanischen Halbinsel ist seitdem besonders angespannt. Nordkorea hat inzwischen den Waffenstillstandsvertrag von 1953 gekündigt. Das Regime drohte den USA mit einem präventiven Atomschlag und rief gegenüber Südkorea den "Kriegszustand" aus.

Aber genau das könnte China und die USA nach Einschätzung von Experten näher zusammenbringen. "Ich denke, dass Nordkorea mit seinen Provokationen die rote Linie überschritten hat. Das wird China und die USA zu einer stärkeren Kooperation bringen", sagte der Professor für Internationale Beziehungen an der Volksuniversität in Peking, Cheng Xiaohe, der Nachrichtenagentur dpa. "Es kann nicht mehr schlimmer werden als jetzt, also muss China handeln." (dpa)