Seoul. Der Konflikt zwischen Nord- und Südkorea gewinnt weiter an Schärfe. Die Regierung in Südkorea sieht Anzeichen für einen erneuten Atomtest der kommunistischen Führung in Nordkorea. Die Bundesregierung hat beschlossen, ihre Borschaft in Pjöngjang vorerst nicht abzuziehen.
Nordkorea bereitet nach Angaben der südkoreanischen Regierung womöglich einen neuen Atomtest vor. Es gebe "Anzeichen", dass die kommunistische Führung in Pjöngjang einen neuen Atomtest vorbereite, sagte am Montag Vereinigungsminister Ryoo Kihl Jae in Seoul. Nordkorea hatte erst im Februar zum dritten Mal eine Atomwaffe getestet und damit neue Spannungen auf der koreanischen Halbinsel ausgelöst, die sich seitdem stetig verschärfen.
Vereinigungsminister Ryoo äußerte sich bei einer Anhörung in einem Parlamentsausschuss. Dabei sagte er auf die Frage nach südkoreanischen Medienberichten über verstärkte Aktivitäten am wichtigsten nordkoreanischen Atomtestgelände: "Es gibt entsprechende Anzeichen." Konkretere Angaben wollte der Minister in der Öffentlichkeit nicht machen, er verwies auf die Notwendigkeit der Geheimhaltung.
Die Tageszeitung "JoongAng Ilbo" berichtete am Montag unter Berufung auf Geheimdienstberichte, dass es seit vergangener Woche eine starke Zunahme der Aktivitäten am Atomtestgelände Punggye Ri im Nordosten Nordkoreas gebe. "Wir beobachten die Situation ganz genau. Sie ist sehr ähnlich der Situation, wie sie vor dem dritten Atomtest war", zitierte die Zeitung einen hochrangigen Regierungsbeamten, der anonym bleiben wollte. Ihm zufolge war zunächst nicht klar, ob es sich wirklich um die Vorbereitungen für einen neuen Test handele - "oder ob sie einfach nur den Druck auf uns und die USA verstärken wollen".
Nordkorea testete 2006 und 2009 Atomwaffen
In Punggye Ri hatte Nordkorea nach 2006 und 2009 Mitte Februar trotz internationaler Warnungen zum dritten Mal eine Atomwaffe getestet. Daraufhin verschärfte der UN-Sicherheitsrat die Sanktionen gegen das isolierte Land. Seitdem sprach Pjöngjang immer neue Drohungen vor allem gegen die USA und Südkorea aus. Erst am vergangenen Donnerstag erklärte die nordkoreanische Armee, ein Atomangriff auf die USA sei ab sofort genehmigt.
Zudem verlegte Nordkorea inzwischen zwei Mittelstrecken-Raketen an seine Ostküste und installierte sie auf mobilen Abschussrampen. Sie könnten der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap zufolge jedes Ziel in Südkorea und Japan und möglicherweise sogar den US-Stützpunkt auf der Insel Guam im Pazifik erreichen.
Der nationale Sicherheitsberater von Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye äußerte am Montag die Vermutung, dass der Norden noch in dieser Woche einen Raketentest vornehmen könnte. Dieser könnte um Mittwoch herum und damit zum Ende des Ultimatums Nordkoreas an ausländische Botschaften erfolgen, sagte Kim Jang Soo.
Japan erklärte angesichts eines möglichen Raketentests, dass die Armee angewiesen sei, jede Richtung Japan fliegende nordkoreanische Rakete sofort abzuschießen. Den entsprechenden Befehl habe Verteidigungsminister Itsunori Onodera gegeben, sagte am Montag ein Ministeriumssprecher in Tokio.
Deutschland will seinen Botschafter vorerst nicht abziehen
Nordkorea hat ausländischen Botschaften bis Mittwoch als Frist gegeben, bis zu der das diplomatische Personal das kommunistische Land verlassen solle. Danach könne nicht mehr für die Sicherheit garantiert werden, wenn ein Konflikt ausbreche, teilte Pjöngjang Ende vergangener Woche mit. Ungeachtet dieser Warnung beschlossen Deutschland und weitere Länder am Wochenende, ihr diplomatisches Personal vorerst nicht abzuziehen. AFP