Washington. Der US-Militärgeheimdienst geht offenbar von Fortschritten bei nordkoreanischen Atomwaffen aus. Die Defense Intelligence Agency (DIA) geht mit ziemlicher Sicherheit davon aus, dass das Regime “derzeit über Nuklearwaffen verfügt, die von ballistischen Raketen getragen werden können“.
Nach einem Treffen mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat US-Präsident Barack Obama von Nordkorea ein Ende der kriegerischen Rhetorik verlangt. "Es ist wichtig, dass Nordkorea wie jedes andere Land der Welt grundsätzliche Regeln und Normen einhält", sagte Obama am Donnerstag im Weißen Haus. Bei einer Anhörung im Kongress wurde bekannt, dass Pjöngjang seine Raketen womöglich mit Atomsprengköpfen bestücken könnte.
"Die Vereinigten Staaten werden alle notwendigen Schritte unternehmen, um ihre Bevölkerung zu schützen und den Verpflichtungen gegenüber den Verbündeten in der Region nachzukommen", sagte der US-Präsident. Ban zeigte sich "zutiefst besorgt" über das Säbelrasseln auf der koreanischen Halbinsel. Zugleich lobte der aus Südkorea stammende UN-Generalsekretär die "gemäßigte Antwort" der USA auf die Provokationen aus Pjöngjang.
US-Außenminister John Kerry in Südkorea
US-Außenminister John Kerry brach unterdessen von London aus zu einem Besuch in Südkorea auf. Ein US-Vertreter aus Kerrys Delegation sagte unterwegs, China müsse dazu beitragen, Nordkorea vom Weg der "destabilisierenden" Handlungen abzubringen. Nordkoreas Streben nach dem Besitz von atomwaffenfähigen Raketen sei "der Feind der Stabilität", sagte der US-Vertreter.
Nach einem neuerlichen Atomtest in Februar hat Nordkorea in den vergangenen Wochen wiederholt Angriffsdrohungen gegen Südkorea und die USA ausgesprochen. Beide Länder bereiten sich auf einen möglichen Raketentest Nordkoreas vor, der am Geburtstag des verstorbenen Staatsgründers Kim Il Sung am kommenden Montag stattfinden könnte.
Nach südkoreanischen Geheimdienstinformationen brachte der Norden schon vor Tagen an seiner Ostküste zwei Mittelstreckenraketen in Stellung. Diese sollen eine geschätzte Reichweite von bis zu 4000 Kilometern haben und könnten damit Südkorea, Japan und das US-Außengebiet Guam erreichen.
Der US-Militärgeheimdienst DIA hält es für möglich, dass Nordkorea bereits in der Lage ist, seine Raketen mit Atomsprengköpfen auszurüsten. Der Abgeordnete Doug Lamborn zitierte bei einer Anhörung im Repräsentantenhaus in Washington aus einem internen Dokument, in dem der Geheimdienst es für möglich erklärt, dass Pjöngjang über entsprechende Atomwaffen verfügt. Die Zuverlässigkeit und Funktionsfähigkeit nordkoreanischer Atomraketen wäre demnach allerdings "niedrig".
Kim will Atommacht werden
Die US-Geheimdienste halten einen nordkoreanischen Angriff für wenig wahrscheinlich. Die Drohgebärden dienten vielmehr der Festigung der Macht von Staatschef Kim Jong Un im eigenen Land, erklärte Obamas Nationaler Geheimdienstdirektor James Clapper bei der Anhörung. Außerdem wolle Kim die Anerkennung Nordkoreas als Atommacht erreichen, womit seine internationale Verhandlungsposition gestärkt würde.
Clapper sagte, dass China nach Einschätzung der US-Geheimdienste zunehmend "frustriert" über Nordkoreas Säbelrasseln erscheine. Das verarmte, aber hochgerüstete Nordkorea hängt wirtschaftlich am Tropf von China.
Peking hat damit als einzige ausländische Kraft direkten Einfluss auf Pjöngjang. Einen Machtwechsel im Nachbarland wolle die chinesische Führung aber vermeiden, sagte Clapper. Peking brauche Nordkorea als "Pufferstaat" zum US-Verbündeten Südkorea und fürchte sich vor Instabilität an seinen Grenzen.