L'Aquila. Die Teilnehmer des G8-Gipfels haben sich darauf verständigt, dass die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius begrenzt werden soll. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem „sehr, sehr wichtigen Tag“ für den Klimaschutz.
Zum Auftakt ihres dreitägigen Gipfeltreffens im italienischen L'Aquila haben die Staats- und Regierungschefs der acht größten Wirtschaftsmächte einen ersten Durchbruch erzielt. Sie verständigten sich am Mittwoch darauf, dass die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius begrenzt werden soll. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem «sehr, sehr wichtigen Tag» für den Klimaschutz.
Meinungsverschiedenheiten gab es über den Weg dahin. Russland bezeichnete es am Abend als «inakzeptabel», die Treibhausemissionen bis 2050 um 80 Prozent zu verringern. Der Wirtschaftsberater des russischen Präsidenten Dmitri Medwedew, Arkadi Dworkowitsch, sagte, für sein Land sei die Zahl 80 Prozent «wahrscheinlich nicht zu erreichen». Russland sei nicht bereit, sein Wirtschafswachstum dem einzigen Ziel zu opfern, die Treibhausgase zu reduzieren.
Ziel: Halbierung der Treibhausgasemissionen bis 2050
In der mit Russland abgestimmten Abschlusserklärung hieß es allerdings, dass die G-8 mit allen Ländern an einer Halbierung der Treibhausgasemissionen bis 2050 arbeiten wollten und sich selber zu einer Verringerung von 80 Prozent oder mehr verpflichten wollten. So wollen sie das Zwei-Grad-Ziel erreichen.
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Alle würden «diesem Ziel entsprechend arbeiten», sagte Merkel. Es sei «aber auch noch viel Arbeit bis Kopenhagen», sagte sie mit Blick auf die UN-Klimakonferenz Ende Dezember in der dänischen Hauptstadt, auf der ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll verabschiedet werden soll.
Die Umweltschutzorganisation WWF begrüßte zwar das Zwei-Grad-Ziel der G-8. Die Staats- und Regierungschefs hätten sich aber nicht festgelegt, welche Sofortmaßnahmen sie ergreifen wollten, um dieses Ziel zu erreichen, kritisierte die Organisation in L'Aquila. Sie fordert, dass die Industriestaaten ihre Emissionen bereits bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 verringern.
G8 sieht Zeichen der Stabilisierung
Nach Angaben von Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hatten zuvor auch die Schwellenländer erstmals anerkannt, dass die Temperatur nicht um mehr als zwei Grad Celcius steigen darf. Auf konkrete Reduktionsziele wollen sie sich demnach aber bislang nicht einlassen. Die Schwellenländer wie Indien, China und Brasilien hätten jedoch akzeptiert, dass nicht nur die Industrieländer den Ausstoß von Treibhausgasen reduzieren müssten, sondern auch sie selbst, sagte Gabriel der ARD.
In der Weltwirtschaftskrise sieht die G-8-Gruppe erste Zeichen der Stabilisierung, warnt aber vor weiter bestehenden Risiken. «Die Lage bleibt unsicher und es gibt weiterhin Risiken für die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität», hieß es in einem Entwurf der Abschlusserklärung. Da die Industrieländer die Weltwirtschaftskrise mitverursacht hätten, erwarte die Welt «mit Recht», dass sie einen ersten Beitrag leiteten, sagte Merkel.
Hilfszusagen für Afrika angemahnt
Die G-8-Staaten wollen bei ihrem bis Freitag dauernden Gipfel auch über ihre Haltung zum Iran und zu Nordkorea beraten. Wie Italiens Außenminister Franco Frattini sagte, droht Pjöngjang angesichts seiner neuerlichen Raketentests eine Verurteilung durch die G-8. Gegenüber dem Iran, wo es nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl zu scharfen Protesten gekommen war, wollte sich die Staatengruppe nach Angaben eines europäischen Diplomaten auf Druck von Russland allerdings zurückhaltender äußern.
Mehrere Nichtregierungsorganistaion warfen den G-8-Staaten vor, ihre im Jahr 2005 getroffenen Hilfszusagen für Afrika nicht einzuhalten. Laut Oxfam stehen noch 23 der 50 Milliarden Dollar aus, die bis 2010 für die ärmsten Länder der Welt freigemacht werden sollten. Nach Angaben von Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi wollen die Teilnehmerlänger eine milliardenschwere Initiative gegen den Hunger auf den Weg bringen.
Merkel macht sich Bild von Zerstörungen
Die Kanzlerin besuchte unmittelbar vor Beginn des Gipfelprogramms den vom verheerenden Erdbeben im April fast völlig zerstörten Ort Onna in den mittelitalienischen Abruzzen. Zusammen mit dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi machte sie sich ein Bild von den Wiederaufbauarbeiten und traf Helfer. Die Bundesregierung hat für die Rekonstruktion der Dorfkirche drei Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die deutsche Hilfe hat auch einen historischen Hintergrund. Onna war 1944 Schauplatz eines Massakers der Wehrmacht.
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Die Proteste hielten sich im Vergleich zu früheren G-8-Gipfeln in Europa in Grenzen. In L'Aquila kletterten Anwohner auf einen Hügel vor der Polizeikaserne, wo das G-8-Treffen stattfindet. Mit der Parole «Yes we camp» - einer Anspielung auf den berühmten Wahlkampfslogan von US-Präsident Barack Obama - machten sie darauf aufmerksam, dass noch immer tausende Menschen in Behelfsunterkünften leben. (afp/ap)