L'Aquila. Am Rande des G8-Gipfels pflegt Angela Merkel die deutsch-italienische Freundschaft. Sie besucht Onna, den Ort, den ein Erdbeben im April fast vollständig zerstört hatte. Deutschland hilft mit Geld und Sachverstand beim Wiederaufbau.

Ein heftiger Windstoß fegt über Onna, verursacht vom Hubschrauber mit Kanzlerin Angela Merkel und Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi an Bord. Auf einer Ruine hängt Wäsche: ein Schlafanzug und ein Herrenhemd, die heftig flattern. Die Kleidungsstücke hängen dort seit dem 5. April, dem Vortag des Erdbebens, das Italiens Bilderbuchlandschaft rund um L'Aquila in den mittelitalienischen Abruzzen und ganz besonders den Ort Onna in ein Trümmerfeld verwandelte.

41 der 280 Einwohner Onnas wurden damals tot unter eingestürzten Häusern gefunden. Heute ist hier die Stimmung weniger bedrückt. Kanzlerin Merkel kommt zu Besuch, kurz vor Beginn des dreitägigen G-8-Gipfels in L'Aquila, der auf Wunsch von Gastgeber Berlusconi auch die Not der Erdbebenopfer in Erinnerung rufen soll. Schnell befreit sie sich vom Regierungschef an ihrer Seite, geht forsch voran zur Gruppe der Überlebenden auf dem Kirchplatz und spricht mit ihnen.

Sonnenblumen und Bohnen für die Kanzlerin

Die 14-jährige Giada überreicht ihr Sonnenblumen und ein Säckchen weißer Bohnen, eine Spezialität der Ortschaft. Sie habe immer noch Angst vor Erdstößen, erklärt sie der Kanzlerin. Merkel redet mit anderen Frauen, sagt: „Ich wünsche euch Kraft.” Die Kanzlerin erinnert aber auch an die besondere Verpflichtung, die Deutschland für Onna übernommen hat. Die Bundesrepublik hat den Ort, wo vor 65 Jahren die Nazis 17 Zivilisten töteten, sozusagen adoptiert. Drei Millionen Euro gibt der Bund für den Wiederaufbau der Kirche. Weitere Spenden stammen von Firmen und Privatleuten. Sie sei dankbar dafür, dass Deutschland hier helfend eingreifen könne, nachdem 1944 solch schrecklicher Schaden angerichtet worden waren, sagt Merkel. „Wir sind Freunde geworden. Jetzt können wir etwas aufbauen, wo wir früher etwas zerstört haben.” Die Bürger von Onna klatschen Beifall. Gemeinsam mit dem angespannt wirkenden Berlusconi, der wiederholt nur ein gequältes Lächeln zeigt, wirft Merkel einen Blick in die Kirche. Und dann geht sie nochmal zurück zu den neun Männern vom Technischen Hilfswerk (THW), die hier seit April im Einsatz sind. THW-Geschäftsführer Bernd Urban zählt auf, was schon alles geleistet worden ist: „Wir legen Wasser- und Abwasserleitungen, wir sorgen für Strom.” Urban ist beeindruckt von der Freundlichkeit der in einer Zeltstadt lebenden Bürger. Viele von ihnen kämen wohl demnächst zu Besuch nach Deutschland. „Das ist gelebtes Europa hier”, meint Urban.

Die Kanzlerin ist da schon weg, zurück zum G8-Gipfel in der Polizeischule von L'Aquila. Schon beim Mittagessen, noch vor dem gemeinsamen „Familienfoto” der Mächtigen, gibt es Arbeitsgespräche. Wirtschaftskrise, Entwicklungshilfe, vor allem Klimaschutz sind die Themen dieses ersten Tages. Das Klima liegt der Kanzlerin besonders am Herzen. Die Gipfelteilnehmer müssten hier Vorreiter sein.

7000 Sicherheitskräfte machen die Polizeischule zu einer Festung. Viel größer als die Angst vor Protesten ist die vor neuen Erdbeben. Ohnehin ist weit und breit kein G8-Demonstrant zu sehen. Die Globalisierungskritiker protestieren lieber in Rom, wo es immer wieder zu Blitzaktionen mit ein paar hundert Teilnehmern kommt. 50 Demonstranten, die mit Stöcken und Baseballschläger auftraten, wurden festgenommen.