L'Aquila. Klimaschutz, Wirtschaftskrise, Afrika: Die Staats- und Regierungschefs der führenden Industriestaaten diskutieren ab Mittwoch beim G8-Gipfel über die drängendsten globalen Probleme. Der chinesische Präsident Hu Jintao hat seine Teilnahme wegen der Unruhen in der Provinz Xinjiang abgesagt.

So viele Teilnehmer hatten ein G8-Gipfel noch nie: 28 Staaten kommen am Mittwoch im italinischen L'Aquila zusammen, um drei Tage lang über die wichtigsten Probleme der Weltgemeinschaft zu diskutieren.

Bundeskanzlerin Angela Merkel will beim G8-Gipfel auf möglichst ehrgeizige Ziele zur Verringerung des CO2-Ausstoßes dringen und über Strategien zum Ausstieg aus den milliardenschweren Konjunkturprogrammen reden. Auf der außenpolitische Agenda stehen Beratungen über die Lage im Iran, Nordkorea, Afghanistan und Pakistan sowie der Nahost-Konflikt.

Zu der dreitägigen Konferenz sind insgesamt 28 Staaten sowie neun internationale Organisationen eingeladen. Es ist der größte G8-Gipfel seit Gründung der Gruppe der führenden Industriestaaten 1975. Ursprünglich sollte das Treffen auf der Mittelmeerinsel La Maddalena bei Sardinien stattfinden. Nach dem verheerenden Erdbeben vom 6. April in den Abruzzen, verlegte Ministerpräsident Silvio Berlusconi es in die Katastrophenregion.

Merkel will G-20 als wichtigstes Gremium

Jenseits der Tagesordnung wird es bei dem Treffen voraussichtlich auch um die Zukunft der G-8 gehen. Merkel will die G-20 zum mächtigsten Entscheidungsgremium für globale Fragen machen und der G-8 nur noch eine untergeordnete Rolle einräumen. «Ich glaube, dass sich der internationale Zug in diese Richtung entwickelt hat», bekräftigte sie am Dienstag. Die G-20 sollte die Reform der internationalen Beratungsformate möglichst bereits bei ihrem nächsten Gipfel am 24. und 25. September in Pittsburgh in Angriff nehmen.

Die Kanzlerin hatte bereits vor zwei Jahren als G-8-Präsidentin für eine Anbindung der fünf wichtigsten Schwellenländer (G-5) - China, Indien, Brasilien Mexiko und Südafrika - an die Gruppe der führenden Industrienationen gesorgt. Die «Gruppe der 20» repräsentiert zwei Drittel der Weltbevölkerung, rund 85 Prozent der weltweiten Wirtschaftskraft und 80 Prozent des Welthandels. Ihr gehören alle G-8- und G-5-Mitglieder sowie Argentinien, Australien, Indonesien, Saudi-Arabien, Südkorea, die Türkei und die Europäische Union an.

Auch Protektionismus als Thema

Dem Gipfel in L'Aquila wird vor allem in Sachen Klimaschutz große Bedeutung eingeräumt. Im Dezember soll bei der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll beschlossen werden. Merkel erhofft sich dafür ein kraftvolles Signal und setzt sich für möglichst weitgehende Ziele zur Reduktion von CO2 ein.

Bei einem Treffen des «Forums der größten Volkswirtschaften» am Donnerstag, an dem neben der G-8 die fünf wichtigsten Schwellenländer sowie Südkorea, Indonesien und Australien teilnehmen, soll es neben dem Klimaschutz auch um den Kampf gegen den Protektionismus gehen. Der Generaldirektor der Welthandelsorganisation, Pascal Lamy, will einen Bericht vorlegen, in dem einzelne Staaten für protektionistische Maßnahmen angeprangert werden.

Am Freitag steht zum Abschluss die Afrika-Hilfe auf der Tagesordnung. Beim G-8-Gipfel im schottischen Gleneagles hatten sich die Industriestaaten 2005 ehrgeizige Ziele für die Erhöhung der Entwicklungshilfe gesetzt, die von den einzelnen Ländern bisher höchst unterschiedlich erfüllt wurden.

Hu sagt Teilnahme an G-8-Gipfel ab

Angesichts der blutigen Unruhen in der Provinz Xinjiang hat der chinesische Präsident Hu Jintao seine Teilnahme am G-8-Gipfel in Italien abgesagt. Wie die italienische Nachrichtenagentur ANSA am frühen Mittwochmorgen berichtete, unterbrach Hu seine Reise nach Italien und kehrte nach China zurück. (AP/AFP)