Köln. . Im Vorfeld des NSU-Prozesses sind erneut Ungereimtheiten in Bezug auf den 2004 in Köln verübten Sprengstoff-Anschlag auf einen türkischen Friseursalon aufgetaucht. Es geht um das ungewöhnlich rasche Auftauchen von zwei Polizisten nach dem Attentat in der Kölner Keupstraße.

Unmittelbar nach dem vor knapp neun Jahren verübten Bombenanschlag des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in der Kölner Keupstraße waren laut einem Medienbericht zwei Polizisten vor Ort. Dies habe das nordrhein-westfälische Innenministerium bestätigt, berichtet das ZDF-"heute journal" am Sonntagabend laut einer Vorabmeldung unter Berufung auf ein entsprechendes Schreiben des Ministeriums. Darin würden die beiden Beamten namentlich genannt.

Der CDU-Politiker Clemens Billinger, der Mitglied im NSU-Untersuchungsausschuss ist, sagte dem "heute journal", dies werfe Fragen auf: "War es ein Routineeinsatz zufällig in der Nähe des Anschlagsortes?" Das schätzt Billinger dem Vorabbericht zufolge als "unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen" ein. Oder "war es ein gezielter Einsatz, weil man vage Hinweise hatte, weil etwas passieren könnte", wurde Billinger weiter zitiert. In einem solchen Fall wäre es "skandalös, wenn man es uns jetzt erst mitteilen würde".

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NSU werden zehn Morde, 15 Raubüberfälle und zwei Sprengstoffanschläge zur Last gelegt

Dem NSU werden insgesamt zehn Morde, zumeist an Menschen mit ausländischen Wurzeln, sowie zwei Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle zur Last gelegt. Die Morde wurden zwischen 2000 und 2007 verübt. Bei dem Bombenanschlag in der überwiegend von Türken bewohnten Kölner Keupstraße wurden 22 Menschen verletzt. Insgesamt werden dem NSU zwei Sprengstoffanschläge zur Last gelegt, mit insgesamt 23 Verletzten. Im Detail geht es insgesamt um diese Fälle:

  • 9. September 2000, Nürnberg: Der türkische Blumenhändler Enver Simsek (38) wird beim Arbeiten erschossen.
  • 19. Januar 2001, Köln: In einem iranischen Lebensmittelgeschäft explodiert ein Sprengsatz. Die 19-jährige Tochter des Inhabers wird schwer verletzt.
  • 13. Juni 2001, Nürnberg: Mundlos und Böhnhardt erschießen den Türken Abdurrahim Özüdogru (49) in seiner Änderungsschneiderei.
  • 27. Juni 2001, Hamburg: Der türkische Händler Süleyman Tasköprü (31) stirbt durch mehrere Kopfschüsse in seinem Lebensmittelladen.
  • 29. August 2001, München: Mundlos und Böhnhardt erschießen den türkischen Gemüsehändler Habil Kilic (38) in seinem Geschäft.
  • 25. Februar 2004, Rostock: Die Rechtsterroristen töten den türkischen Imbissverkäufer Yunus Turgut (25) in einem Döner-Grill.
  • 9. Juni 2004, Köln: Die Terroristen zünden eine Nagelbombe vor einem türkischen Friseursalon in der Keupstraße. 22 Menschen werden zum Teil lebensgefährlich verletzt.
  • 9. Juni 2005, Nürnberg: Ismail Yasar (50) wird in seinem Döner-Imbiss getötet.
  • 15. Juni 2005, München: Der Grieche Theodoros Boulgarides (41) stirbt durch drei Kopfschüsse in seinem Schlüsseldienst-Laden.
  • 4. April 2006, Dortmund: Mundlos und Böhnhardt töten den türkischstämmigen Kioskbetreiber Mehmet Kubasik (39).
  • 6. April 2006, Kassel: Halit Yozgat (21) stirbt durch tödliche Schüsse in seinem Internet-Café.
  • 25. April 2007, Heilbronn: Die Polizistin Michèle Kiesewetter (22) wird erschossen, ihr Kollege (24) überlebt schwer verletzt.

(afp/dpa)