Köln. . Der Anschlag mit einer Nagelbombe 2004 in Köln geht höchstwahrscheinlich auf das Konto der Zwickauer Terrorzelle zurück. Ermittler fanden Dateien auf einem der sichergestellten Computer, die eine Beteiligung der Neonazis nahelegen.

Auf dem Computer der Zwickauer Neonazi-Zelle haben Ermittler einem Magazinbericht zufolge neue Indizien dafür gefunden, dass die mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos für den Kölner Nagelbomben-Anschlag vom 9. Juni 2004 verantwortlich sind. Wie der „Focus“ am Freitag vorab berichtete, waren auf der Festplatte Dateien zu dem Kölner Attentat gespeichert, die in dem Propaganda-Film der Gruppe auftauchen. Die Namen der entsprechenden Dateien führen demnach direkt zu Böhnhardt und Mundlos.

Die Sequenzen zeigen dem Bericht zufolge Bilder einer Überwachungskamera, mit denen damals nach den beiden Tätern gefahndet worden war. Zu sehen sind zwei Männer, die Fahrräder zum Anschlagsort schieben. Auf einem der Räder war die Bombe deponiert, die wenig später in der überwiegend von Türken bewohnten Keupstraße in Köln-Mülheim explodierte. Bei der ferngesteuerten Detonation wurden 22 Menschen verletzt.

Bilder der Überwachungskamera

Die nun auf der Festplatte der mutmaßlichen Terroristen gefundenen Dateien mit den Bildern der Überwachungskamera tragen laut „Focus“ die Namen „gerri auf kamera.avi“, „max auf kamera.avi“ und „max auf kamera von hinten.avi“. Diese Namen führen dem Bericht zufolge unmittelbar zu den beiden Zwickauer Neonazis: Nach Erkenntnissen der Ermittler nutzte Böhnhardt demnach in Anlehnung an seinen Tarnnamen „Holger G.“ den Spitznamen „Gerri“. Mundlos lebte laut dem Bericht unter dem Pseudonym „Max B.“.

Das Zwickauer Neonazi-Trio aus Mundlos, Böhnhardt und Beate Zschäpe soll nach seinem Untertauchen 1998 die Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) gegründet haben. Der Gruppe werden neun Morde an Migranten in den Jahren 2000 bis 2006 zur Last gelegt, außerdem der Mord an einer Polizistin 2007 in Heilbronn. Neben dem Nagelbomben-Anschlag in Köln-Mülheim soll die jahrelang unentdeckt gebliebene Zelle auch für einen weiteren Sprengstoffanschlag in Köln 2001 verantwortlich sein, bei dem eine Frau schwer verletzt wurde.

Wohlleben spielte offenbar wichtige Rolle

Zu den Taten hatte sich der NSU auf Propaganda-DVDs bekannt, die nach dem Auffliegen der Gruppe im vergangenen November in deren Wohnung in Zwickau gefunden wurden. Zuvor waren Mundlos und Böhnhardt nach einem gescheiterten Banküberfall in Eisenach tot in ihrem Wohnmobil aufgefunden worden, Zschäpe stellte sich später der Polizei. Neben ihr sitzen auch vier mutmaßliche Unterstützer der Zelle in U-Haft, darunter der frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben aus Jena.

Wohlleben habe bei der Flucht des Trios ab 1998 offenbar eine größere Rolle gespielt als bislang bekannt, berichtete nun der „Focus“. Laut einem Vermerk des Thüringer Verfassungsschutzes für die Bundesanwaltschaft vom 14. November 2011 habe Wohlleben zunächst als „Fluchthelfer“ sowie „unmittelbare Zugangs- und Kontaktperson der drei Gesuchten“ gegolten. Später soll der Ex-NPD-Funktionär demnach die Flucht des Trios als „Logistiker, Kontakt- und Finanzmittler“ unterstützt haben. 2000 und 2001 soll er dem Bericht zufolge zumindest gewusst haben, wo sich die drei Flüchtigen aufhielten.

Laut „Focus“ ziehen die Verfassungsschützer in ihrem vertraulichen Vermerk den Schluss, dass Wohllebens Einsatz für das Trio „über eine rein koordinierende Funktion“ hinausgegangen sei. Alles spreche dafür, dass er bei der Fluchthilfe „eine steuernde Rolle“ gespielt habe. (afp)