Kassel. Die Hartz-IV-Leistungen für Familien mit einem Kleinkind sind nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts ausreichend und verfassungsgemäß. Die Kasseler Richter wiesen damit am Donnerstag die Klage einer Familie aus Delmenhorst bei Bremen ab. Ihr waren die Leistungen zu niedrig und die Berechnung fragwürdig.

Familien, die Hartz IV beziehen, können zunächst nicht auf mehr Geld vom Staat hoffen. Das Bundessozialgericht in Kassel bestätigte am Donnerstag den Hartz-IV-Satz für Familien mit einem Kleinkind als verfassungsgemäß. Geklagt hatte eine Familie aus Delmenhorst, die bereits vor dem Sozialgericht Oldenburg gescheitert war.

Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hatte die Bundesregierung zum Januar 2011 die Hartz-IV-Sätze angehoben. Die Eltern und der damals zwei Jahre alte Sohn bekamen danach zwischen Mai und Oktober 2011 insgesamt 1182 Euro monatlich. Der Familie war das zu wenig. Ihr Vorwurf: Die Berechnung genüge nicht den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an die Ermittlung des Existenzminimums gestellt habe, vor allem, weil nicht erkennbar sei, dass der Bedarf von Kindern – wie von Karlsruhe gefordert – ermittelt worden sei.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Berechnungen gerügt

Im Februar 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht die früheren Hartz-IV-Leistungen zwar nicht als unzureichend verworfen. Es rügte aber, sie seien nicht nachvollziehbar und daher "nicht in verfassungsmäßiger Weise ermittelt worden". Das gelte besonders bei den Leistungen für Kinder. Neben dem physischen Existenzminimum forderten die Karlsruher Richter auch "ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben".

Daraufhin wurden die Hartz-IV-Sätze neu ermittelt und 2011 angepasst. Heute bekommen Alleinstehende 382 Euro, zusammenlebende erwachsene Partner je 345 Euro und Kinder je nach Alter 224 bis 289 Euro pro Monat. Bei Kindern wird das Kindergeld abgezogen. Hinzu kommen für Kinder auf Antrag aber bis zu zehn Euro monatlich aus dem "Teilhabe- und Bildungspaket" und gegebenenfalls bis zu 100 Euro pro Jahr für Schulbedarf. Einzeln oder als Familie bekommen Hartz-IV-Empfänger zudem die Kosten für Unterkunft und Heizung "in angemessener Höhe" erstattet.

Kläger halten Bedarfsermittlung für fragwürdig

Die Kläger rügten, aus den statistischen Grunddaten seien zu viele Posten herausgerechnet worden. Dies sei, etwa beim Mobilfunk, teilweise "lebensfremd". Vor allem aber bleibe den Arbeitslosen nicht der vom Bundesverfassungsgericht geforderte Spielraum für eigenverantwortliches Handeln. Von den statistischen Grunddaten für Freizeit und Kultur in Höhe von 70 Euro monatlich seien 30 Euro "herausgerechnet" worden. Der Bedarf für Kinder unter sechs Jahren sei auf einer statistisch fragwürdigen Basis von nur 237 Haushalten ermittelt worden.

Im Juli 2012 hatte der 14. BSG-Senat die Leistungen für Alleinstehende bereits gebilligt. Dem schloss sich im Fall der Delmenhorster Familie nun der Vierte BSG-Senat an. Auch dass Paare jeweils nur 90 Prozent des Satzes für Alleinstehende bekommen, sei wegen der Einsparungen im gemeinsamen Haushalt gerechtfertigt. Die Leistungen seien zumindest nicht "evident unzureichend". Die Regelleistung für Kinder und Jugendliche reichten zumindest zusammen mit den Teilhabeleistungen ebenfalls aus, befanden die Richter. Ihre Berechnung sei methodisch nicht zu beanstanden.

Familie kann noch Verfassungsbeschwerde einlegen

Der Anwalt der Familie will nun eine Verfassungsbeschwerde prüfen. Dort ist ohnehin bereits eine Vorlage des Sozialgerichts Berlin anhängig. Dies war im April 2012 zu der Überzeugung gelangt, die Leistungen für Alleinstehende seien 36 Euro zu niedrig. Einen Verhandlungstermin haben die Karlsruher Richter noch nicht festgelegt.