Wiesbaden. Im Jahr 2010 waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 15,8 Prozent der Deutschen von Armut bedroht. In der EU war die Situation insgesamt schlechter als in der Bundesrepublik. Die höchste Armutsgefährdung gab es in Bulgarien.

Etwa jeder sechste Deutsche war im Jahr 2010 nach offiziellen statistischen Kriterien von Armut bedroht. Das teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mit. Die EU-weit einheitlich berechnete sogenannte Armutsgefährdungsquote lag demnach mit 15,8 Prozent leicht über der des Jahres 2009 (15,6 Prozent). In der Europäischen Union insgesamt war die Situation schlechter als in Deutschland, EU-weit lag die Armutsgefährdungsquote im Jahr 2010 bei 16,9 Prozent.

Nach EU-Definition gilt ein Bürger als armutsgefährdet, wenn sein Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Bevölkerung seines Landes beträgt. In Deutschland lag diese Schwelle 2010 bei 11.426 Euro im Jahr für eine alleinlebende Person, was einem Monatseinkommen von 952 Euro entsprach. Als Einkommen gelten neben Löhnen oder Renten auch Sozialleistungen wie Hartz IV oder Kindergeld.

In Tschechien gibt es das geringste Armutsrisiko, in Bulgarien das höchste

Mehrere Nachbarstaaten Deutschlands zählten 2010 zu den Ländern mit den niedrigsten Armutsgefährdungsquote. Dazu gehörte etwa Tschechien mit der EU-weit niedrigsten Quote von 9,8 Prozent sowie die Niederlande (11 Prozent) und Österreich (12,6 Prozent).

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Die höchsten Armutsgefährdungsquoten wiesen Bulgarien (22,3 Prozent), Rumänien (22,2 Prozent), Spanien (21,8 Prozent) und Griechenland (21,4 Prozent) auf. Die Daten stammen aus groß angelegten jährliche Erhebungen.

Große Unterschiede liegen zwischen den Bundesländern

Bereits vor mehreren Monaten hatten Untersuchungen aus Deutschland darauf hingewiesen, dass sich hinter der nationalen Armutsgefährdungsquote große regionale Unterschiede verbergen. So hatte das Statistische Bundesamt im vergangenen September mitgeteilt, dass die Quoten in Bundesländern wie Bremen oder Mecklenburg-Vorpommern im Bezugsjahr 2011 bei mehr als 22 Prozent lagen.

Drohende oder existierende Armut statistisch zu erfassen ist schwierig. Die EU-Statistiker nutzen außer der Armutsgefährdungsquote auch noch eine breiter gefasste Kennzahl, die zusätzlich Menschen erfasst, die nach eigenen Angaben unter materiellen Entbehrungen leiden oder in einem Haushalt leben, der sein Erwerbspotenzial nur in geringem Ausmaß ausschöpfen kann. Demnach waren 2011 laut Eurostat 24 Prozent der EU-Bevölkerung von sozialer Ausgrenzung betroffen.

Bezugspunkt für die Berechnung ist das mittlere Einkommen

Schon bei der Berechnung der Armutsgefährdungsquote sind viele Feinheiten zu beachten. Bezugspunkt ist das sogenannte mittlere Einkommen, das nicht mit dem Durchschnittseinkommen verwechselt werden darf.

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Das mittlere Einkommen ist das Einkommen des Menschen, der genau in der Mitte stehen würde, wenn alle Bürger gestaffelt nach der Höhe ihres Einkommens aufgereiht würden. Der Wert wird im Vergleich zum Durchschnittseinkommen weniger durch Einkommens-Ausreißer bei relativ kleinen Bevölkerungsgruppen an den beiden Enden des Spektrums verzerrt. (afp)