Essen. Der Pferdefleisch-Skandal weitet sich weiter aus: Nach Real, Kaiser’s Tengelmann, Rewe und dem Tiefkühlunternehmen Eismann nahm am Donnerstag auch Edeka Tiefkühl-Lasagne aus dem Sortiment. So kam das Pferdefleisch von Rumänien über Frankreich auf die Teller von deutschen und britischen Verbrauchern.
Der Pferdefleisch-Skandal erreicht eine neue Dimension. In Deutschland nahm nach Real, Kaiser’s Tengelmann, Rewe und dem Tiefkühlunternehmen Eismann am Donnerstag auch Edeka Tiefkühl-Lasagne aus dem Sortiment. In dem Produkt der Marke „gut und günstig“ waren „geringe Pferdefleisch-Anteile“ gefunden worden, ähnlich wie Tage zuvor bei Real. Gleichzeitig wurden auch in Baden-Württemberg und Brandenburg verdächtige Produkte entdeckt.
Britische Behörden stellten inzwischen fest, dass aus Großbritannien offenbar Pferdekadaver auf das europäische Festland exportiert worden sind, die wegen verbotener Medikamenten-Rückstände hätten vernichtet werden sollen. Mindestens drei der Tiere seien in der vergangenen Woche in die Nahrungskette gelangt.
NRW-Verbraucherminister Johannes Remmel (Grüne) schloss vor dem Hintergrund eine Gesundheitsgefahr nicht aus. Man versuche zu ergründen, warum an sich nicht billigeres Pferdefleisch untergemischt worden sei. Kritik übte Remmel auch daran, dass bei einigen Lebensmittelhändlern schon seit Wochen der Verdacht auf falsch deklariertes Fleisch bestand, dies seinem Ministerium jedoch nicht gemeldet worden sei.
Zypern als Zentrum für europaweiten Handel mit ominösem Pferdefleisch?
Jan F. ist in den Niederlanden kein Unbekannter. Ein Jahr ist es her, dass ein Gericht den 61-Jährigen verurteilte, weil er südafrikanisches Pferdefleisch als „halal“ geschlachtetes Rindfleisch in Frankreich auf den Markt brachte. Vor allem Muslime kauften das vermeintlich nach islamischen Regeln verarbeitete Fleisch. Nun hat die niederländische Lebensmittelkontrollbehörde Jan F. erneut im Visier. Denn im aktuellen Pferdefleisch-Skandal führen viele Wege nach Zypern, wo Jan F. die Firma „Draap“ besitzt. Draap, umgekehrt gelesen „Paard“, was nichts anderes als Pferd bedeutet.
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Ist das nun ein Zufall, dass ausgerechnet auf Zypern ein Supermarkt in diesen Tagen 16,5 Tonnen Burger vernichtete? Vorsorglich, wie es heißt. Tatsächlich liegt auf der Insel im Mittelmeer ein Dreh- und Angelpunkt für den europaweiten Handel mit dem ominösen Fleisch rumänischer Pferde. Jan F., der Fleischhändler, hat gegenüber der britischen Zeitung „The Guardian“ sogar zugegeben, eine Ladung Pferdefleisch von zwei rumänischen Abdeckern gekauft und an französische Lebensmittelverarbeiter weiterverkauft zu haben.
Schon einmal Papiere gefälscht
Er behauptet allerdings, bei dem Verkauf sei deutlich gewesen, dass es sich um Pferdefleisch gehandelt habe. Dass er schon einmal Papiere gefälscht hat, wie bei seinem Prozess vor einem Jahr bewiesen wurde, ist allerdings auch eine Tatsache. Jan F. also verkaufte an die französische Firma Spanghero, die wiederum belieferte das Unternehmen Comigel, von dem die in Großbritannien und in Deutschland entdeckte Lasagne stammt.
Spanghero nun wiederum behauptet, das von Draap gelieferte Fleisch sei eindeutig als Rindfleisch etikettiert worden. Die niederländischen Behörden jedenfalls ermitteln, die EU will vor dem Hintergrund des Skandals die Reform der Kennzeichnungspflicht beschleunigen. Künftig soll auch bei verarbeitetem Fleisch ein Herkunftsland angegeben werden müssen.
„Der Fleischmarkt der EU lädt geradezu zum Betrug ein“, sagt Andreas Winkler von der Verbraucherorganisation Foodwatch. Die Lebensmittelkontrollen endeten bereits an der Grenze zum nächsten Landkreis, während der Fleischmarkt international laufe. Zudem gebe es bislang nur extrem geringe Strafen.
Medikament in acht Proben
Rumänien - Niederlande - Zypern - Frankreich. Das jedenfalls scheinen die Handelswege im Pferdefleisch-Skandal zu sein. Dass gleichzeitig in Großbritannien Kontrolleure das vermutlich für den Menschen gefährliche Anti-Schmerzmittel Phenylbutazon in Proben von acht in Großbritannien geschlachteten Pferden gefunden haben, macht die Lage noch schwieriger. Drei der Tiere seien nach Frankreich geliefert worden und könnten in die Nahrungsmittelkette gelangt sein.
Das Medikament Phenylbutazon wird häufig bei Pferden eingesetzt, die allerdings nicht zu Lebensmitteln verarbeitet werden dürfen. Beim Menschen könnten Nebenwirkungen wie Blutungen in Magen und Darm auftreten. Kein Wunder also, dass der nordrhein-westfälische Verbraucherminister Johannes Remmel eine Gesundheitsgefahr für den Menschen nicht ausschließen mag.