Berlin/Düsseldorf. . Lasagne mit falsch deklariertem Rindfleisch ist offenbar auch an eine Handelskette in NRW geliefert worden. Die Überwachungsbehörden prüfen derzeit, ob die Produkte vom Markt genommen werden müssen.

Im Pferdefleisch-Skandal gibt es nach Angaben des Bundesverbraucherministeriums einen ersten Verdacht in Deutschland. Über das europäische Schnellwarnsystem seien die deutschen Behörden am Dienstagabend aus Luxemburg über den Verdacht informiert worden, dass falsch deklarierte Lebensmittel nach Deutschland gelangt seien, sagte eine Ministeriumssprecherin am Mittwoch in Berlin. Demnach handele es sich um verarbeitete Lasagne, die an mindestens einen Händler in Nordrhein-Westfalen geliefert worden sei. Es sei nicht auszuschließen, dass weitere Händler oder Produkte betroffen seien.

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Bei mehreren in Deutschland verkauften Tiefkühlprodukten besteht jetzt ebenfalls der Verdacht, dass Rindfleisch durch Pferdefleisch ersetzt wurde. Betroffen seien unter anderem Produkte der Kaiser's Tengelmann Eigenmarke "A&P", der Edeka-Marke "Gut & Günstig" und des Tiefkühldienst-Unternehmens Eismann, sagte der nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) am Mittwoch in Düsseldorf. In den meisten Fällen gehe es dabei um Tiefkühl-Lasagne

Testergebnisse gibt es wohl erst in drei Tagen

Der Minister betonte, nachdem die EU eine Lieferliste über verdächtige Produkte übermittelt habe, bemühe sich seine Behörde derzeit, die Lieferwege nachzuvollziehen und Proben sicherzustellen. Erste Produkte seien bereits in den Labors, doch werde der Test wohl drei Tage dauern. Erst dann könne gesagt werden, ob und wenn ja, wie viel Pferdefleisch die Produkte enthielten. Laut einer Sprecherin seien bei bisherigen amtlichen Untersuchungen alle Proben negativ gewesen.

Am Vortag hatte die Mülheimer Handelskette Tengelmann wegen des Skandals in Großbritannien und Frankreich ihre Tiefkühl-Lasagne der Eigenmarke A&P aus dem Verkauf genommen. Der Discounter Aldi hatte in Großbritannien angegeben, dass zwei Fertigprodukte eines französischen Herstellers zu 30 bis 100 Prozent aus Pferdefleisch bestanden hätten.

Die betroffenen Unternehmen hätten offenbar schon frühzeitig Verdacht geschöpft und einige Produkte aus dem Angebot genommen, sagte der Minister. Doch seien die Behörden nicht informiert worden. Dies sei zwar rechtlich nicht zu beanstanden, erschwere aber die Aufklärung des Skandals. Ausdrücklich betonte Remmel, dass von einwandfreiem Pferdefleisch keine Gesundheitsgefährdung ausgehe. Dennoch handele es sich um kriminelle Machenschaften und eine Täuschung der Verbraucher. Deshalb stelle sich die Frage, ob die Herkunftskennzeichnung bei Lebensmitteln nicht verbessert werden müsse.

In den vergangenen Wochen waren in zahlreichen Ländern der EU Fertiggerichte entdeckt worden, in denen statt des angegebenen Rindfleischs auch Pferdefleisch verarbeitet worden war. Britische Behörden versprachen nach dem Fund von Pferdefleisch bei zwei Verarbeitungsbetrieben in England und Wales die restlose Aufklärung des Fleischskandals.

Verbraucherschützer fordern bessere Auszeichnung von Nahrungsprodukten

Europas Verbraucherschützer pochen angesichts des Pferdefleisch-Skandals und trotz Ablehnung durch die EU auf eine bessere Etikettierung von Nahrungsprodukten. "Wir fordern schon seit langem eine klare Herkunftsbezeichnung für Lebensmittel", sagte der Sprecher des europäischen Verbraucherschutzver-bandes BEUC, Johannes Kleis, der "Berliner Zeitung" vom Mittwoch. Etiketten sollten künftig etwa ausweisen, woher das Fleisch komme und wo es verarbeitet wurde. Denkbar wären Kennzeichnungen wie "Schweinefleisch, in Dänemark geschlachtet, in Frankreich zu Schinken verarbeitet", sagte Kleis.

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EU-Verbraucherschutz-kommissar Tonio Borg hatte vor dem Hintergrund des Pferdefleisch-Skandals Änderungen an den europäischen Kennzeichnungsregeln zunächst eine Absage erteilt. Es sei "verfrüht", Angaben über die Herkunft verarbeiteten Fleischs verpflichtend zu machen, hatte am Dienstag ein Sprecher Borgs gesagt. In dem Skandal geht es um Fertiglasagne des britischen Unternehmens Findus, die - anders als auf der Verpackung angegeben - kein Rindfleisch, sondern Pferdefleisch enthielt. Das Fleisch gelangte aus Rumänien nach Frankreich, wo es für Findus verarbeitet wurde.

Verbraucherkommissar Borg will am Mittwoch mit Vertretern aus EU-Ländern über die Folgen des Skandals beraten. (dapd/afp)