Düsseldorf. Viele berufstätige Eltern sind zur Kinderbetreuung auf die Großeltern angewiesen oder müssen improvisieren, um ihr Kind versorgt zu wissen. Die meisten Kindergärten sind nur während der traditionellen Zeiten geöffnet. Betriebskindergärten können sich auf die Schichtzeiten der Eltern einrichten.

Noch ringen Bund, Land und Kommunen darum, den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren (U3) ab 1. August überhaupt einzulösen. Vielen Eltern in Nordrhein-Westfalen dürfte jedoch selbst damit nicht geholfen sein.

Einer Statistik der Landesregierung zufolge, auf Antrag der CDU-Opposition Thema im Familienausschuss des Landtags, bieten nur zwei Prozent aller Kindertageseinrichtungen in NRW eine Betreuung außerhalb der Kernzeiten 7 bis 17 Uhr an.

Wer als Mutter und Vater im Einzelhandel arbeitet, im Schichtdienst oder freiberuflich tätig ist, hat an Rhein und Ruhr ohne Großeltern, Freunde und hilfsbereite Nachbarn noch immer sehr schlechte Karten.

Halbtagsbetrieb nur noch wenig gefragt

Von 9169 Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen haben demnach nur 204 vor 7 Uhr morgens geöffnet. Das sind gerade einmal 2,2 Prozent. Am späten Nachmittag sieht es noch schlechter aus: Nur 169 Einrichtungen bieten landesweit eine Öffnungszeit nach 17.30 Uhr an (1,8 Prozent).

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Nach Auskunft der Landesregierung sind es vor allem vereinzelte ­Betriebskindergärten, die zumindest bis 18 oder 19 Uhr besetzt bleiben. Dennoch: Die klassische „9 bis 12“-Kita ist heute die Ausnahme und nicht mehr die Regel – immerhin ­öffnen landesweit 88,2 Prozent der Einrichtungen vor 7.30 Uhr.

Erstmal kommt der Rechtsanspruch

Flexiblere Angebote vor Ort und eine bessere Koordinierung durch die Landesregierung fordert der ­familienpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Bernhard Tenhumberg: „Das Reden von besserer Vereinbarkeit von Familie und Beruf bleibt hohl, wenn es nicht ­genug Möglichkeiten gibt, diesen Wunsch auch in die Wirklichkeit umzusetzen“, so Tenhumberg. Die CDU-Familienpolitikerin Ina Scharrenbach rief Familienministerin Ute Schäfer (SPD) dazu auf, den Kita-Trägern funktionierende Modelle für die häufigere Öffnung in den Abendstunden oder in den Ferien an die Hand zu geben: „Immer noch orientieren sich viele Kindertageseinrichtungen zu wenig an den Arbeitszeiten von Eltern“, findet Scharrenbach.

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Dr. Tobias Blasius CD Korr Düsseldorf
Von Tobias Blasius

Zurzeit arbeitet die Landesregierung zunächst einmal daran, den ab August geltenden Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren überhaupt zu erfüllen. Für Kinder zwischen drei und sechs Jahren besteht er bereits seit mehr als 20 Jahren. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hatte sich zu Jahresbeginn überraschend „sehr optimistisch“ gezeigt, dass NRW bis zum Sommer 144 000 U3-Betreuungsplätze zur Verfügung stellen werde. Damit wäre rechnerisch der vorhergesagte Bedarf für 32 Prozent aller Kinder im Land ­erfüllt.

Höhere Nachfrage in Großstädten

In Großstädten mit vielen ­Doppelverdiener-Elternpaaren oder Alleinerziehenden dürfte die tatsächliche Nachfrage jedoch doppelt so hoch sein wie prognostiziert. Es mag eine stille Hoffnung der Regierenden sein, dass nicht alle Eltern den angebotenen Betreuungsplatz in Anspruch nehmen werden. Erfüllt ist der Rechtsanspruch nämlich bereits, wenn „wohnortnah“ ein zumutbares Angebot in einer Kita oder bei einer Tagesmutter zugeteilt wird. Es gibt kein Recht auf Wunsch-Kita.