Bad Neuenahr. . Die Evangelische Kirche im Rheinland wählt am Donnerstag ihre neue Spitze. Wird es auch eine Frau, wie in der westfälischen Kirche? So oder so wird das Erbe von Nikolaus Schneider ein schwieriges.

Die Evangelische Kirche im Rheinland steht vor einem Einschnitt: Zehn Jahre nach der Wahl des Ruhrgebiets-Pfarrers Nikolaus Schneider (65) zum Präses der mit 2,8 Millionen Mitgliedern zweitgrößten deutschen Landeskirche wählen die Synodalen am Donnerstag seinen Nachfolger – oder seine Nachfolgerin. Denn auf der Tagung des Kirchenparlaments in Bad Neuenahr stellen sich ein Mann und gleich zwei Frauen als Kandidaten für das einflussreiche kirchliche Spitzenamt vor.

Rein rechnerisch stehen die Chancen also nicht schlecht, dass nach der westfälischen auch die rheinische Kirche künftig von einer Frau geführt wird. Nikolaus Schneider wird im März aus Altersgründen aus dem Präses-Amt ausscheiden, allerdings noch bis 2015 dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vorsitzen. Wir stellen seine drei möglichen Nachfolger vor.

Die Favoritin: Petra Bosse-Huber 
Petra Bosse-Huber.
Petra Bosse-Huber. © Detlev Kreimeier

Petra Bosse-Huber geht als Favoritin ins Rennen. Vor zehn Jahren verlor sie nur knapp die Wahl gegen Schneider. Seitdem ist die heute 53-Jährige als Vizepräses seine Stellvertreterin. So war sie in den vergangenen Jahren intensiv in die Leitung der rheinischen Kirche eingebunden – erst recht, seit Schneider vor knapp drei Jahren als EKD-Ratsvorsitzender einsprang, nachdem Margot Käßmann nach einer Alkoholfahrt ihren Rücktritt erklärt hatte.

Wie sehr Bosse-Huber, die in der Kirchenleitung schon seit 2001 den Bereich Theologie, Diakonie und Seelsorge verantwortet, diese Führungserfahrung bei der Präses-Wahl nutzt, ist indes offen. Viele Synodale bescheinigen der Kirchenleitung im Zusammenhang mit dem Skandal um das kircheneigene Abrechnungsunternehmen BBZ jedenfalls kein gutes Krisenmanagement. Von allen Kandidaten dürfte die Mutter von drei erwachsenen Töchtern indes den größten Bekanntheitsgrad haben.

Der Unscheinbare: Manfred Rekowski 
Manfred Rekowski.
Manfred Rekowski. © dpa

Der langjährige Superintendent Manfred Rekowski stellt sich ebenfalls als Mitglied der Kirchenleitung zur Wahl. Anders als Bosse-Huber ist er dort allerdings erst seit 2011 Mitglied und als Personalchef für die fast 2000 Theologen der rheinischen Kirche zuständig. Zuvor war der 54-Jährige in Wuppertal acht Jahre lang als Superintendent, also leitender Pfarrer des Kirchenkreises, tätig. Das könnte für ihn bei der Präses-Wahl Rückhalt durch die 38 aktuellen Superintendenten bedeuten, denen unter den insgesamt 214 Synodalen durchaus Einfluss zugeschrieben wird.

Ein zentrales Thema für Rekowski ist die Frage, wie die Strukturen der rheinischen Kirche, deren Bereich von Emmerich über Essen bis ins Saarland reicht, auf eine absehbar deutlich kleinere Schar Gläubiger angepasst werden können. Darüber hat der verheiratete Vater zweier erwachsener Kinder auch im Eröffnungsgottesdienst der Synode vor einem Jahr gepredigt. Doch obwohl manch Synodaler noch heute von dieser Predigt schwärmt, dürfte Rekowski für die allermeisten der rund 2,8 Millionen rheinischen Protestanten bislang ein Unbekannter sein.

Die Seiteneinsteigerin: Ellen Ueberschär 
Ellen Ueberschär.
Ellen Ueberschär. © dpa

Ellen Überschär ist seit 2006 Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentags und damit verantwortlich für Organisation und Programm der alle zwei Jahre stattfindenden protestantischen Großveranstaltung. Damit gilt sie zumindest auf bundesweiter Ebene als bestens vernetzt. Und zwar sowohl im evangelischen Umfeld wie auch in Richtung katholische Kirche – 2010 war sie maßgeblich am Ökumenischen Kirchentag in München beteiligt.

Auch im Dialog mit anderen Religionen werden Ellen Ueberschär gute Kontakte bescheinigt. Fraglich ist indes, wie viel Unterstützung die in Ost-Berlin aufgewachsene und heute in Fulda lebende, verheiratete Mutter einer Tochter im Rheinland hat. Die Unzufriedenheit mancher Synodaler mit der aktuellen Kirchenleitung könnte zusätzlichen Aufwind für die Seiteneinsteigerin Ueberschär bedeuten. Dennoch wäre ein Wahlsieg der 45-Jährigen eine Überraschung.