Berlin. . Die Linke streitet, wer die Partei in den Bundestags-Wahlkampf führen soll. Der populäre Fraktionschef Gregor Gysi ist gesetzt, will aber kein „Doppel“ mit Sahra Wagenknecht. Die Parteichefs wünschen sich ein Team an Gysis Seite.

Keine Lafontaine-Kapriolen, keine extrem peinlichen Vorstandspannen und fast kein Personalzwist: Geradezu harmonisch verlief das vergangene halbe Jahr bei der Linken im Bund. Doch jetzt tobt in der Partei wieder eine veritable Personaldebatte. Es geht um die Frage, ob Fraktionschef Gregor Gysi die Linke als alleiniger Spitzenkandidat in den Bundestagswahlkampf führen soll oder wer neben ihm zu Felde zieht.

„Gysi macht’s allein“, verkündete etwa der „Spiegel“ jüngst. Demnach habe sich der 64-Jährige erfolgreich gegen eine Doppelspitze mit der Vorzeige-Linken Sahra Wagenknecht gesträubt. Via Twitter versuchte Parteichef Bernd Riexinger die Debatte einzufangen. „Die Zeit einsamer Häuptlinge und Entscheidungen ist vorbei. Die Spitzenkandidat/innen werden im Parteivorstand nominiert, nirgendwo sonst“, polterte der Parteivorsitzende. Nach der Niedersachsenwahl am 20. Januar wird die Parteispitze voraussichtlich einen Vorschlag machen, wer die Linke in den Wahlkampf führt.

Alle anderen sind nur Randfiguren

Hauptsache Gysi – so ungefähr lautet die Analyse von Forsa-Chef Manfred Güllner, der den Fraktionschef als Wahlkampfzugpferd für „unverzichtbar“ hält. Alle anderen Linken hält der Demoskop für „völlig unwichtige Randfiguren“. Sollte Gysi aber nicht in prominenter Position in die Bundestagswahl ziehen, könnte dies die Linkspartei zwei bis drei Prozentpunkte kosten. Dann müsste sie allerdings gewaltig um den Einzug in den Bundestag bibbern.

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Dass es ohne den Fraktionschef nicht geht, bezweifelt auch bei der Linken niemand ernsthaft. So kann man davon ausgehen, dass die Tandem-Variante mit Wagenknecht, deren Aufstieg Gysi schon mehrfach gebremst hat, vom Tisch ist. Dass Gysi von dieser Lösung nichts hält, ist bekannt – und zwingen kann man ihn zu einem Doppel mit der 43-Jährigen kaum. Ein Grund für Gysis Bedenken ist offenbar die Befürchtung, dass die Zusammenarbeit dann ähnlich schwierig und konfliktreich werden könnte wie damals mit Wagenknechts jetzigem Lebensgefährten, dem Linken-Patriarchen Oskar Lafontaine.

Ein Alleingang des allmächtigen Fraktionschefs kann aber viele in der Partei nicht freuen. Da wäre zum einen das linke Lager rund um Wagenknecht, die eben jene gerne in der ersten Reihe sähen. Das wiederum behagt den ostdeutschen, reformorientierten Landesverbänden nicht. Auch die Parteispitze kann wenig Interesse am Gysi-Solo haben. Denn seit Monaten versuchen die Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger, die Partei von ihren alten Übervätern zu emanzipieren. „Wichtig und erfreulich ist auch, dass nach und nach eine neue Generation heranwächst, die aus sich heraus eine Art kooperativen Führungsstil entwickelt und praktiziert“, sagte Kipping unlängst der „Sächsischen Zeitung“.

Die Vorsitzenden wollen mitreden

Für die Parteivorsitzenden geht es nun darum, den Eindruck zu vermeiden, sie hätten in der Kandidatenfrage nichts zu sagen. Eine naheliegende Lösung wäre die seit Längerem diskutierte Variante, den Fraktionschef durch ein Team zu flankieren. Darin könnten neben Kipping und Wagenknecht Fraktionsvize Dietmar Bartsch, die stellvertretende Parteichefin Caren Lay, Rüstungsexperte Jan van Aken und der Ex-Vorsitzende Klaus Ernst als Arbeitsmarktfachmann stehen. Vom Kompetenzteam in Gysis Nacken wiederum halten die Vorstandsmitglieder Raju Sharma und Halina Wawzyniak nichts. Schließlich stünden dem Fraktionschef alle Parteimitglieder zur Seite, twitterte Sharma.

Gysi-Auftritt in Bochum

. . .und nimmt zunächst mit Christian Leye und Mehriban Özdogan (v.l.), den Bochumer Direktkandidaten für die Landtagswahl vorlieb, hier im Gespräch mit der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen (r.).
. . .und nimmt zunächst mit Christian Leye und Mehriban Özdogan (v.l.), den Bochumer Direktkandidaten für die Landtagswahl vorlieb, hier im Gespräch mit der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen (r.). © WAZ FotoPool
Dann spricht Özlem Alev Demirel, die ehemalige Parlamentarische Geschäftsführerin der Linken im Landtag.
Dann spricht Özlem Alev Demirel, die ehemalige Parlamentarische Geschäftsführerin der Linken im Landtag. © WAZ FotoPool
. . .und hier ist ihr Fraktionsvorsitzender im Bundestag: Gregor Gysi. Das Telefonat beendet er noch in Ruhe, trotz einer dreiviertel Stunde Verspätung.
. . .und hier ist ihr Fraktionsvorsitzender im Bundestag: Gregor Gysi. Das Telefonat beendet er noch in Ruhe, trotz einer dreiviertel Stunde Verspätung. © WAZ FotoPool
. . .und muss die Anhänger der Partei noch weiter warten lassen, weil er von Autogrammjägern abgefangen wird.
. . .und muss die Anhänger der Partei noch weiter warten lassen, weil er von Autogrammjägern abgefangen wird. © WAZ FotoPool
Gysi nimmt sich die Zeit.
Gysi nimmt sich die Zeit. © WAZ FotoPool
Und schreibt fleißig.
Und schreibt fleißig. © WAZ FotoPool
Die Menge wartet unterdessen weiter.
Die Menge wartet unterdessen weiter. © WAZ FotoPool
Und Gysi wird wieder aufgehalten.
Und Gysi wird wieder aufgehalten. © WAZ FotoPool
Und wieder nimmt er sich die Zeit um zu erklären.
Und wieder nimmt er sich die Zeit um zu erklären. © WAZ FotoPool
Und zu erklären.
Und zu erklären. © WAZ FotoPool
Und zu erklären.
Und zu erklären. © WAZ FotoPool
Denn wenn alles. . .
Denn wenn alles. . . © WAZ FotoPool
. . . abwärts geht, . . .
. . . abwärts geht, . . . © WAZ FotoPool
. . .dann hilft nur noch richtig. . .
. . .dann hilft nur noch richtig. . . © WAZ FotoPool
. . .anpacken.
. . .anpacken. © WAZ FotoPool
Und wieder eine Frage.
Und wieder eine Frage. © WAZ FotoPool
Linken-Spitzenkandidatin Katharina Schwabedissen wird herzlich von Gysi begrüßt.
Linken-Spitzenkandidatin Katharina Schwabedissen wird herzlich von Gysi begrüßt. © WAZ FotoPool
Es soll aufwärts gehen mit der Partei, darin sind sich beide einig.
Es soll aufwärts gehen mit der Partei, darin sind sich beide einig. © WAZ FotoPool
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© WAZ FotoPool
Ehe Gysi auf die Bühne darf, fragt die Presse auch nochmal an.
Ehe Gysi auf die Bühne darf, fragt die Presse auch nochmal an. © WAZ FotoPool
Gysi traut dem Fragesteller nicht so richtig. . .
Gysi traut dem Fragesteller nicht so richtig. . . © WAZ FotoPool
. . .und sagt erstmal gar nichts.
. . .und sagt erstmal gar nichts. © WAZ FotoPool
Die wartende Menge hat sich mittlerweile rund eine Stunde in Geduld geübt.
Die wartende Menge hat sich mittlerweile rund eine Stunde in Geduld geübt. © WAZ FotoPool
Wie man Gysi kennt, tritt er als engagierter, gestenreicher Redner auf.
Wie man Gysi kennt, tritt er als engagierter, gestenreicher Redner auf. © WAZ FotoPool
Gerne mit erhobenem Zeigefinger.
Gerne mit erhobenem Zeigefinger. © WAZ FotoPool
Seine Anhänger hören im fast andächtig zu.
Seine Anhänger hören im fast andächtig zu. © WAZ FotoPool
Und Gysi schimpft: auf andere Parteien und Politiker, über den Afghanistan-Krieg, Libyen-Einsatz und die Nato.
Und Gysi schimpft: auf andere Parteien und Politiker, über den Afghanistan-Krieg, Libyen-Einsatz und die Nato. © WAZ FotoPool
Und natürlich über auf den Kapitalismus.
Und natürlich über auf den Kapitalismus. © WAZ FotoPool
Für Opel in Bochum. . .
Für Opel in Bochum. . . © WAZ FotoPool
. . .forderte Gysi Unterstützung.
. . .forderte Gysi Unterstützung. © WAZ FotoPool
Die Arbeitsplätze dürften nicht so einfach
Die Arbeitsplätze dürften nicht so einfach "von einem Boss in den USA" der Rendite wegen aufgegeben werden. © WAZ FotoPool
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Bartsch gibt sich derweil zu den Überlegungen schmallippig. „Es wird einen einvernehmlichen Vorschlag geben“, sagte der Frontmann der Ostreformer dieser Zeitung. „Mein bescheidener Rat wäre, ihn am Wahlergebnis und nicht an einer innerparteilichen Befriedung zu orientieren.“ In anderen Worten: In den Wahlkampf soll(en) die Person(en) ziehen, die für die Linke die meisten Stimmen erobern könnte(n). Zumindest aus Sicht von Meinungsforscher Güllner wäre damit die Lösung klar.