Brüssel. Ab März 2014 soll die Behörde ihre Arbeit aufnehmen. Sie wird unter anderem die Deutsche Bank sowie die Commerzbank überwachen. Damit wagen die Staaten den ersten Schritt hin zu einem gemeinsamen krisenfesteren Finanzmarkt. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Bankenaufsicht.
Nach 14-stündigen Marathon-Verhandlungen gaben sich alle glücklich: Europas Finanzminister einigten sich am Donnerstagmorgen auf eine europäische Bankenaufsicht. Damit wollen die Europäer künftige Finanzkrisen vermeiden. Die einheitliche Aufsicht soll bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt angesiedelt werden. Die Überwacher werden frühestens ab März 2014 ihre Arbeit aufnehmen – 14 Monate später als angepeilt.
Nun beginnt die Arbeit am entsprechenden Gesetzesentwurf. Auch das EU-Parlament befasst sich mit der Bankenaufsicht. Sie müsse „stark und europäisch“ sein, sagte der zuständige Berichterstatter Sven Giegold (Grüne). „Übermäßige Ausnahmen und eine unzureichende Ausstattung der gemeinsamen Aufsicht sind nicht akzeptabel.“
Warum wollen die Staaten die Aufsicht?
Die Europäer ziehen nach eigenem Bekunden die Lehren aus der Weltfinanzkrise 2008/09. Damals gerieten europäische und deutsche Banken ins Taumeln – trotz nationaler Aufsicht. Sie mussten mit Steuergeldern in Milliardenhöhe gerettet werden. Das soll anders werden. Die Politiker begrüßten daher die Einigung auf eine europäische Aufsicht. „Das ist der erste Schritt für eine Bankenunion“, sagt EU-Marktkommissar Michel Barnier. „Es ist nicht hoch genug einzuschätzen“, sagt Kanzlerin Angela Merkel (CDU). „Das ist ein Erfolg für Europa“, sagt Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici.“
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) freut sich ebenfalls: „Wir haben unsere Grundsatz-Forderungen durchgesetzt.“ Dazu gehört die klare Trennung der Aufsichtsaufgaben von der Geldpolitik der EZB, aber auch die klare Rollenverteilung von nationalen und europäischen Überwachern. Schäuble findet gut, dass die Aufsicht frühestens im Frühjahr 2014 ihre Arbeit aufnimmt. Er hat stets betont, dass bei dem Aufbau einer so wichtigen Behörde das Motto „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ gelten müsse.
Notkredite aus dem Euro-Rettungsfonds
Unter anderem hatten Spanien, Frankreich und Italien auf einen schnellen Start gedrängt. Denn die europäische Bankenaufsicht ist eine der Bedingungen dafür, dass kriselnde Geldinstitute direkt Notkredite aus dem Euro-Rettungsfonds erhalten können – ohne Umweg über den Staat. Bisher bekommt Spanien Notkredite für seine Bankenbranche. Das erhöht die Staatsschulden. Bekämen Banken direkt Geld aus dem Nottopf, wäre das nicht der Fall.
Trotzdem sind auch die Südeuropäer zufrieden. Denn die Finanzminister einigten sich auf eine Ausnahme, um eine „direkte Banken-Rekapitalisierung“ (EU-Jargon) schon vor dem Frühjahr 2014 zu ermöglichen. Der Euro-Rettungsfonds – und damit die Euro-Staaten – muss einstimmig billigen, dass sich eine Bank der europäischen Aufsicht unterwirft. Damit wäre eine der Voraussetzungen für direkte Hilfen erfüllt.
Welche Banken werden überwacht?
Von den 6000 Banken im Euro-Währungsraum sollen nur die größten direkt auf EZB-Ebene beaufsichtigt. Das sollen unter anderem die Institute sein, die eine Bilanzsumme von mindestens 30 Milliarden Euro haben. Insgesamt dürften das fast 200 Institute sein, sagt EU-Marktkommissar Barnier.
Davon sitzen 30 Banken in Deutschland. Europäisch beaufsichtigt werden die zwei Branchengrößten: die Deutsche Bank und die Commerzbank. Auch diverse Landesbanken sind dabei: die Landesbanken Baden-Württemberg und Hessen-Thüringen, die WestLB, oder die HSH Nordbank. Auf eine europäische Aufsicht einstellen müssen sich auch die Postbank und die Bausparkasse Schwäbisch-Hall. Die zehn EU-Staaten, die den Euro nicht eingeführt haben, können bei der einheitlichen Bankenaufsicht mitmachen. Noch ist unklar, wer mitzieht.
Klar ist, dass Großbritannien und Schweden außen vor bleiben wollen. Der britische Finanzminister George Osborne und sein schwedischer Kollege Anders Borg lobten aber den „guten Kompromiss“. Ihren Instituten erwachse daraus kein Nachteil. „Großbritannien hat immer gesagt, dass der Euro-Raum einen Bankenunion braucht, um seine Probleme zu lösen“, sagte Osborne. Borg sieht die Interessen der EU-Staaten gewahrt, die weiter nur auf eine nationale Aufsicht setzen.
Wie läuft die Kontrolle?
Die europäische Aufsicht sammelt möglichst viele Daten über die Banken, die sie direkt überwacht. So kann sie im Idealfall drohende Schieflagen erkennen und gegenzusteuern. Zudem kann sie nationalen Aufsehern allgemeine Aufsichtsregeln vorgeben. Wenn sie das für nötig hält, kann die europäische Aufsicht auch die Überwachung einer Bank an sich ziehen.
Ein neues Aufsichtsgremium, das bei der Europäischen Zentralbank angesiedelt wird, hat das letzte Wort. Dessen Chef und Vize-Chef ernennen die Staaten. Eigentlich wollte die EU-Kommission dieses Recht haben. Die EZB ist politisch unabhängig und muss sich daher vor niemandem rechtfertigen. Bei der Bankenaufsicht ist das nicht möglich, gegen ihre Entscheidungen kann gerichtlich vorgegangen werden.