Berlin. Kurz vor dem EU-Gipfel in Brüssel hat Kanzlerin Merkel eine Regierungserklärung abgegeben. Darin sagte sie, dass Europa dank des Sparkurses bereits erste Erfolge im Kampf gegen die Eurokrise verzeichnen könne. Die Opposition warf Merkel dagegen vor, ihr Sparkurs führe Europa in den Abschwung.
In der Eurokrise sieht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erste Erfolge dank des Sparkurses und fordert jetzt weitere Reformen für mehr Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum. Dazu sei mehr wirtschaftspolitische Koordinierung nötig. Zu neuen finanziellen Anreizen zeigte sie sich in ihrer Regierungserklärung vor dem EU-Gipfel am Donnerstag bereit, ohne dies im Bundestag näher zu konkretisieren. Über den Grundsatzbeschluss der EU-Finanzminister zu einer Bankenaufsicht äußerte sich Merkel erleichtert. Die Opposition warf Merkel vor, mit einem unerbittlichen Sparkurs Europa noch weiter in den Wirtschaftsabschwung zu treiben.
In Irland, Spanien, Portugal und Griechenland gebe es Anzeichen für eine Überwindung der Krise, sagte Merkel. Den Bürgern verlange das viel ab. "Aber die Mühe ist nicht umsonst. Die Bemühungen zeigen Erfolge." Sie würdigte, dass Irland Defizite abgebaut hat und die Lohnstückkosten in Portugal, Spanien und auch Griechenland gesunken sind. Die Bemühungen etwa der griechischen Regierung hätten weiter die Unterstützung Deutschlands verdient.
Deutschland ist laut Merkel zu neuen Finanzhilfen bereit
Merkel signalisierte die Bereitschaft Deutschlands, zur Erholung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Partner befristete finanzielle Anreize zu schaffen. Sie warnte jedoch: "Dies sollte nicht missverstanden werden." Dies könne nicht als "Vorwand zur Erschließung neuer Geldquellen" verstanden werden. Das sei jedenfalls mit Deutschland nicht zu machen. Konsolidierung sei notwendige Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum.
Vom EU-Gipfel in Brüssel erwarte sie einen Fahrplan für konkrete weitere Schritte hin zu mehr Wettbewerbsfähigkeit in Europa und zu mehr wirtschaftspolitischem Gleichklang. Die industrielle Produktion in der EU müsse wieder kräftiger werden. "Deshalb stehen wir bei der zwingend notwendigen Stärkung der wirtschaftspolitischen Koordinierung ganz am Anfang."
EU-Staaten sollten Reformen auf den Weg bringen
Verlust von Wettbewerbsfähigkeit eines Staates könne für alle EU-Staaten neue Probleme bringen, sagte Merkel. Nötig sei ein neues gestuftes, differenziertes Verfahren: Die einzelnen EU-Staaten sollten mit Zustimmung ihrer Parlamente rechtsverbindliche Reformvereinbarungen mit der Gemeinschaft schließen.
Über die grundsätzliche Einigung der EU-Finanzminister auf eine europäische Bankenaufsicht zeigte sich Merkel erleichtert: "Es ist nicht hoch genug einzuschätzen." Es sei gelungen, Kernforderungen Deutschlands durchzusetzen. Bei Fehlentwicklungen in großen Banken könne in absehbarer Zeit gegengesteuert werden. Die Jugendarbeitslosigkeit bezeichnete sie erneut als zentrales Thema.
Opposition wirft Merkel einen Pakt mit dem Teufel vor
SPD-Chef Sigmar Gabriel warf Merkel vor, einen "faustischen Pakt" mit dem britischen Premier David Cameron geschlossen zu haben, um die für mehr Wachstum nötigen Mittel zu sperren. "Sie hinterlassen ein schlechteres Europa." Millionen Menschen hätten weniger Hoffnung und mehr Frust. Die Arbeitslosigkeit steige, zugleich wüchsen die Schulden. Er forderte: "Gläubiger und Aktionäre sollen zur Kasse gebeten werden, und nicht weiter die Steuerzahler."
Der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke hielt Gabriel Wahlkampf pur vor. Linke-Fraktionschef Gregor Gysi warf SPD und Grünen vor, trotz vollmundiger Kritik in der Eurokrise stets mit Merkel gestimmt zu haben. Die Regierung solle den Bürgern reinen Wein einschenken: Deutschland hafte mit 400 Milliarden Euro. Das Geld werde wohl fällig. Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt wertete Merkels Kurs als unzureichend: "Es braucht mehr Mut." Gebraucht werde ein gemeinsamer Schuldentilgungsfonds sowie langfristig Wachstumsimpulse, nicht nur kurzfristige Transfers.
Merkel sieht die Europäische Union nicht in der Lage, in naher Zukunft weitere Länder aufzunehmen. Mitte nächsten Jahres werde voraussichtlich Kroatien als 28. Land aufgenommen. Für Entscheidungen zu Beitrittsverhandlungen mit weiteren Ländern sei die Zeit nicht reif. (dpa)