Berlin. In Deutschland steigt die Zahl der Grundsicherungsempfänger weiter an. Ende 2011 erhielten rund 844.000 Menschen ab 18 Jahren Grundsicherung, berichtet das Statistikamt. Besonders betroffen waren Frauen im Westen. Die Zahlen befeuern erneut die Debatte um das Modell einer Zuschussrente, wie sie die Bundesarbeitsministerin fordert.

Immer mehr Menschen sind gerade im Alter auf staatliche Hilfe angewiesen. Die Zahl der Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung stieg 2011 auf einen neuen Höchststand, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) betonte mit Blick auf die Suche nach einem Konzept gegen Altersarmut, die Politik müsse jetzt vorbeugen, dass die Zahl nicht stärker zunimmt.

Ende 2011 erhielten dem Statistikamt zufolge in Deutschland rund 844.000 Menschen ab 18 Jahren Grundsicherung. Dies waren 5,9 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Von den über 65-Jährigen nahmen 436. 000 Menschen diese Hilfe in Anspruch. Damit waren von jeweils 1000 Menschen im Rentenalter 29 Frauen und 22 Männer auf entsprechende Leistungen angewiesen. Besonders betroffen waren die Frauen im Westen: In den alten Ländern erhielten 32 von 1000 Frauen ab 65 Jahren Grundsicherung im Alter, in den neuen Ländern nur 19 von 1000 Frauen.

Leistung wurde 2003 eingeführt

Grundsicherung bekommen Rentner oder Menschen, die wegen einer Erwerbsminderung dauerhaft nicht arbeiten können, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Die im Jahr 2003 eingeführte Leistung soll das Existenzminimum abdecken.

"Es ist gut, dass wir das letzte Auffangnetz Grundsicherung im Alter für diejenigen haben, die im Leben gar nicht oder kaum fürs Alter vorgesorgt haben", erklärte Bundesarbeitsministerin von der Leyen am Donnerstag. Für die wachsende Zahl der Geringverdiener, die es trotz vieler Jahrzehnte beitragspflichtiger Arbeit nicht mehr zur eigenen Rente schaffe, sei das Sozialamt aber der falsche Ort. "Ich kämpfe dafür, dass wir für diese fleißigen Menschen eine Lösung im Rentensystem finden", erklärte die Ministerin. Sie sei zuversichtlich, "dass wir das Problem in Kürze in der Koalition lösen."

Die schwarz-gelbe Koalition ringt seit Monaten um ein Konzept gegen Altersarmut. Von der Leyen war mit ihrem Modell einer Zuschussrente, das eine Aufstockung der Rentenbezüge von Geringverdienern auf bis zu 850 Euro vorsieht, auf Kritik in den eigenen Reihen gestoßen. Als Gegenmodell schlugen Nachwuchspolitiker aus Union und FDP vor, betriebliche und private Renten nicht mehr komplett auf die staatliche Grundsicherung anzurechnen.

Sozialverbände fordern schnelle Reformen

Der rentenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Matthias Birkwald, wertete die steigende Zahl der Empfänger von Grundsicherung als Beleg für das "Versagen der schwarz-gelben Bundesregierung im Kampf gegen Altersarmut". Ursache und Wirkung seien klar: "Wer Niedriglöhne und Rentenkürzungen sät, wird Altersarmut ernten."

Sozialverbände forderten schnelle Reformen. "Den zukünftigen Rentnern läuft die Zeit weg", erklärte der Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Wolfgang Stadler. Wenn nicht umgehend Gegenmaßnahmen eingeleitet würden, werde in den kommenden Jahren Altersarmut normal werden. Caritas-Präsident Peter Neher mahnte, der entscheidende Faktor zur Vermeidung von Altersarmut sei ein Arbeitsplatz und die Möglichkeit, ausreichende Rentenansprüche zu erwerben. (afp)