Düsseldorf. Annette Schavan (CDU) gerät wegen ihrer Doktorarbeit zunehmend unter Druck. Ein Gutachter der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität wirft der Bundesbildungsministerin einem Bericht zufolge “eine leitende Täuschungsabsicht“ vor. Schavan räumte allenfalls kleinere Fehler ein.

Die gegen Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) erhobenen Plagiatsvorwürfe im Zusammenhang mit ihrer Doktorarbeit verdichten sich. Ein Gutachter der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität erkennt an etlichen Stellen der Dissertation "das charakteristische Bild einer plagiierenden Vorgehensweise", wie der "Spiegel" am Sonntag vorab berichtete. In dem vertraulichem 75-seitigen Papier stellt der Gutachter demnach bei Schavan "eine leitende Täuschungsabsicht" fest und beanstandet Textstellen auf 60 der 351 Seiten der Dissertation.

Anfang Mai waren auf der Internetseite "schavanplag" anonym Vorwürfe gegen die Doktorarbeit Schavans erhoben worden. Die Philosophische Fakultät der Universität Düsseldorf kündigte daraufhin eine Prüfung an. Dies geschah auch auf Bitte der Ministerin. Schavan hatte 1980 mit der Arbeit unter dem Titel "Person und Gewissen - Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung" den Doktortitel erlangt.

Gutachten ist Grundlage für den Promotionsausschuss

Verfasser des Gutachtens ist laut "Spiegel" der Professor für Jüdische Studien, Stefan Rohrbacher, der zugleich dem mit dem Prüfungsverfahren befassten Promotionsausschuss vorsteht. Sein Papier ist die Grundlage für Beratungen des Promotionsausschusses voraussichtlich am Mittwoch. Neben Rohrbacher sitzen im Ausschuss drei weitere Professoren, zwei wissenschaftliche Mitarbeiter und ein Studentenvertreter. Sie geben eine Empfehlung an den Fakultätsrat ab, der dann über eine Aberkennung des Doktortitels zu entscheiden hat.

Schavan wehrte sich am Sonntag gegen die jüngsten Vorwürfe. "Die Unterstellung einer Täuschungsabsicht weise ich entschieden zurück", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung". Die Vorwürfe träfen "den Kern von dem, was mir wichtig ist". Schavan räumte allenfalls kleinere Fehler ein: "Ich habe sorgfältig gearbeitet. Hier und da hätte man auch noch sorgfältiger formulieren können", sagte sie der Zeitung.

Der VroniPlag-Gründer Martin Heidingsfelder hatte Schavan bereits nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Mai zum Rücktritt aufgefordert. "Wer nicht weiß, wie man richtig zitiert, kann nicht Bundesforschungsministerin und Professorin sein", hatte der bekannteste deutsche Plagiatsjäger damals gesagt. Heidlingsfelder wirkte bei der Aufdeckung von Plagiatsvorwürfen gegen mehrere Spitzenpolitiker wie den ehemaligen Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und die FDP-Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin mit. (afp)