Berlin. Die Bürger müssen sich auf deutlich steigende Energiepreise einstellen, warnte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin. Direkte Maßnahmen gegen die bevorstehende Preisexplosion werde die Regierung keine ergreifen. Hoffnung auf eine kleine Kompensation können Verbraucher dennoch haben.

Die Verbraucher können angesichts steigender Kosten für Ökostrom nicht auf direkte Entlastungen bei den Energiepreisen durch die Regierung rechnen. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt trotz des erwarteten Anstiegs Hilfen ab: "Wir planen dazu keine direkten Gegenmaßnahmen", sagte die CDU-Vorsitzende am Montag in Berlin. Stattdessen plädiere sie dafür, an anderer Stelle die Bürger zu entlasten. Als ein Beispiel nannte sie die von der Regierung geplante Senkung der Rentenbeiträge von derzeit 19,6 Prozent auf 19,0 Prozent. Damit leiste die Regierung einen Beitrag dazu, dass die Strompreisentwicklung "ein stückweit kompensiert werden kann".

Der Strompreis wird voraussichtlich 2013 deutlich steigen, da die Subventionen für den Ökostrom im Zuge der Energiewende auf die Verbraucher umgelegt werden. Diese Umlage auf den Preis wird im Oktober veröffentlicht. Es gilt als sicher, dass sie dann klar über den derzeit 3,59 Cent pro Kilowattstunde liegen wird. Noch im vergangenen Jahr hatte Merkel gesagt, die Umlage solle nicht steigen. Jetzt räumte sie ihren Irrtum erstmals ein: "Wir müssen an der Stelle sagen: Wir werden wahrscheinlich eine höhere Energieumlage bekommen."

Höhere Kosten als in allen Gutachten vorhergesagt

Es sei mehr Strom aus Wind, Wasser oder Sonne produziert worden als erwartet, und es fielen damit höhere Kosten an als alle Gutachten damals vorhergesagt hätten, sagte die Kanzlerin. Ökostrom wird von den Produzenten zu garantierten Preisen abgenommen, die über den Markttarifen liegen. Die Differenz wird über eine Umlage auf die Verbraucher beglichen. Schätzungen gehen von einem Anstieg um bis zu zwei Cent pro Kilowattstunde aus. Derzeit kostet sie etwa 25 Cent für die rund 40 Millionen Haushalte.

Es waren daher Forderungen auch aus der Koalition laut geworden, die Bürger bei den Strompreisen an anderer Stelle zu entlasten. So hatte Sachsen eine Aussetzung der Ökosteuer ins Gespräch gebracht, die derzeit etwa ebenfalls zwei Cent beträgt. Aus der FDP waren ähnliche Vorschläge gekommen: So war beispielsweise angeregt worden, die Mehrwertsteuer auf die Umlage, die dem Staat zufließt, den Verbraucher zurückzugeben. Aus Kreisen der Linken und der SPD waren auch Sozialtarife für Ärmere ins Gespräch gebracht worden. Merkel sagte, stattdessen sei es wichtig, dass die Bürger insgesamt entlastet würden. So müssten etwa die Beiträge zur Rentenversicherung reduziert werden, was den Verbrauchern angesichts der steigenden Energiepreise mehr Spielraum eröffne.

Radikale Förderung erneuerbarer Energien

Die FDP und das von ihr geführte Wirtschaftsministerium dringt aber auf eine radikale Reform der Förderung erneuerbarer Energien, um die Kosten zu begrenzen. Umweltminister Peter Altmaier hat sich ebenfalls für neue Regelungen ausgesprochen und vor einem zu schnellem Ausbau des Ökostroms gewarnt. Es sei klar, dass bis 2020 über 35 Prozent des Stroms aus Wind, Wasser oder Sonne kommen werden. Deutlich mehr werde aber die Akzeptanz gefährden. Anders als Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) peilt der CDU-Politiker aber keine Reform des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) vor der Bundestagswahl mehr an. (reuters/afp)