Essen. Die Ökoenergie-Umlage wird im Oktober steigen. Derweil steht die deutsche Förderpolitik für erneuerbare Energien steht auf dem Prüfstand. Nicht ganz zufällig macht die Wirtschaft andere Vorschläge als die Umweltverbände. Bundesumweltminister Peter Altmaier spielt auf Zeit.

Spätestens im Oktober kommt der nächste politische Strompreis-Schock. Dann steigt die Ökoenergie-Umlage wahrscheinlich von jetzt 3,59 Cent pro Kilowattstunde auf etwa fünf Cent. Schon jetzt tobt eine neue Debatte über die Förderung Erneuerbarer Energien. Die Industrie erklärt sie zum Haupt-Preistreiber und fordert die Abschaffung. Umweltverbände verweisen auf die Riesen-Gewinne der Stromkonzerne.

Tatsächlich stieg der Strompreis zwischen 2000 und 2012 für Privathaushalte um rund zehn Cent. 3,6 Cent davon entfielen auf die Ökoumlage, 6,4 Cent hatten andere Gründe. Heute kostet die Kilowattstunde für Privathaushalte um die 25 Cent.

Vier Modelle, was der Staat ändern könnte

An Ideen, was der Staat ändern könnte, mangelt es nicht, sie unterscheiden sich je nach Interessenlage. Vier Modelle im Überblick:

Die Wirtschaft möchte das Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) abschaffen. Andernfalls werde die Energiewende den Strompreis bis 2020 um ein Drittel verteuern, warnte etwa Vattenfall-Europa-Chef Tuomo Hatakka. Dazu passend stellte gestern die von Konzernen finanzierte Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft ein Gutachten des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) vor. Kern der Kritik: Das Gesetz sei ineffektiv und viel zu teuer.

Bis heute belaufen sich die Gesamtkosten der deutschen Solarkraftwerke demnach auf 100 Milliarden Euro. Diese Summen tragen die Unternehmen, vor allem aber die Privathaushalte mittels Öko-Umlage. Um diese Kosten zu drücken, plädiert das RWI dafür, den Einspeisevorrang für Ökostrom abzuschaffen. Gegenwärtig müssen die Stromnetzbetreiber jede Kilowattstunde Wind- oder Sonnenstrom annehmen, die ihnen angeboten wird – Kohle und Gas haben das Nachsehen.

Bis zur Bundestagswahl 2013 bleibt voraussichtlich alles beim Alten

Später soll die Regierung laut RWI nur noch vorschreiben, wie viel Ökostrom fließen muss. Dieses Quotensystem soll dafür sorgen, dass der preiswerteste, konkurrenzfähigste Ökostrom eingespeist wird. Solar- aber auch Windparks auf See hätten weniger Chancen. Die Förderung könne so von 59 Milliarden auf sieben Milliarden Euro bis 2020 sinken.

Die Umweltverbände wollen am EEG festhalten – mit Änderungen. So überlegt die Deutschen Umwelthilfe (DUH), dass nicht mehr jede produzierte Kilowattstunde Ökostrom ins öffentliche Netz eingespeist wird. Würde man in Zeiten hoher Produktion die Spitze um zwei Prozent kappen, wären Förderung und Netzausbau billiger. Außerdem plädiert die DUH dafür, weniger Unternehmen von der Ökoumlage zu befreien. Kleinere Firmen und die Privathaushalte würden dadurch entlastet.

Bisher versucht die Koalition, das EEG zu renovieren, indem sie die Fördersätze für Ökoenergie stark reduziert. So ist die Einspeisevergütung für Solarstrom binnen acht Jahren von fast 60 Cent pro Kilowattstunde unter 20 Cent gesunken. Ferner will die Regierung die Menge der jährlichen hinzukommenden Solaranlagen verringern.

Umweltminister Altmaiers Ziel ist es, die Debatte zu entschärfen. Im September wird er einen „Verfahrensvorschlag“ dafür präsentieren, wer mit wem in welchem Rahmen über die Reform redet. Nach dieser Debatte könnte sich abzeichnen, was nach der Bundestagswahl 2013 passiert. Heißt: Bis dahin bleibt alles, wie es ist.