Berlin. . Sind die Bürger die Lastesel für Öko-Strom? Das behaupten Verbraucherschützer. Für die privaten Verbraucher beträgt die Öko-Umlage heute auch deshalb 3,8 Cent, weil sie für viele Unternehmen mitbezahlen, die fast nichts beitragen.

Im Namen der Bürger findet Deutschlands oberster Verbraucherschützer Gerd Billen deutliche Worte. Er hält das, was die Regierung gerade beschlossen hat, für „Geldmacherei auf dem Rücken der Verbraucher“. Hintergrund: Kanzlerin Angela Merkel und ihr Kabinett wollen den privaten Haushalten und kleinen Firmen eine zusätzliche Umlage zur Finanzierung der Windparks auf dem Meer aufbrummen. Sind die Bürger die Lastesel der Energiewende?

Der Offshore-Streit

Wenn Windparks an Nord- und Ostsee etwa wegen technischer Probleme nicht rechtzeitig ans Netz gehen können, soll die Allgemeinheit den Firmen einen Teil des Schadens bezahlen. So hat es die Regierung am Mittwoch beschlossen. „Eigentlich sollten die privaten Firmen für ihre Fehler selbst aufkommen. Mit der Offshore-Umlage hebelt die Regierung dieses Prinzip aus“, sagt dazu Holger Krawinkel, Energie-Experte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. „Das ist ein weiterer Beleg, wie die Kosten der Energiewende auf die Bürger abgewälzt werden.“

Was die Verbraucher bezahlen

Stimmt Krawinkels Argument? Etwa 3,8 Cent pro Kilowattstunde müssen Privathaushalte und kleine Betriebe aktuell für die Energiewende zahlen. Darin enthalten sind drei Umlagen für Ökostrom, Kraftwärmekopplung und Netzkosten. Hinzu kommt möglicherweise bald die Offshore-Umlage von 0,25 Cent – macht zusammen rund 4,1 Cent. Die Kosten für einen Privathaushalt betragen aber 25,7 Cent pro Kilowattstunde.

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Davon beansprucht die Energiewende also etwa 16 Prozent. Gegenrechnen muss man, dass das große Stromangebot aus Ökokraftwerken den Strom insgesamt billiger macht. Es drückt den Preis um etwa 0,5 Cent pro Kilowattstunde. So würde die Ökoförderung rechnerisch nur noch 3,6 Cent betragen. Wohlgemerkt: Diese Kosten werden bald steigen. 5,5 Cent sind nicht unrealistisch. Dann betrüge der Öko-Anteil am Strompreis 22 Prozent.

Viele Firmen sind befreit

Für die privaten Verbraucher beträgt die Öko-Umlage heute auch deshalb 3,8 Cent, weil sie für viele Unternehmen mitbezahlen, die fast nichts beitragen. Die Regierung wird dieses Jahr bis zu 2000 Unternehmen von der Öko-Umlage befreien. Das Kalkül: Die Jobs sollen geschützt werden. In den Genuss der Vergünstigung kommen die Firmen, die mehr als eine Gigawattstunde jährlich brauchen – soviel wie etwa 300 Privathaushalte. Würden die Firmen die Umlage selbst bezahlen, sänke die Belastung der Privathaushalte um 0,6 Cent, so Uwe Leprich, Ökonomie-Professor in Saarbrücken. Verbraucherschützer beklagen deshalb die ungerechte soziale Verteilung.

Über die Hälfte für die Firmen

Der große Teil der Stromkosten hat mit der Energiewende nichts zu tun. Von den 25,7 Cent einer Kilowattstunde gehen gut 14 Cent an die privaten Unternehmen, die Strom herstellen und verteilen. Ihr Anteil beläuft sich auf 55 Prozent.

Der Staat kassiert

Natürlich beansprucht auch der Staat seinen Teil – etwa 30 Prozent, gegenwärtig etwa knapp acht Cent pro Kilowattstunde (Stromsteuer, Mehrwertsteuer, Konzessionsabgabe). Diese Steuern haben mit der Energiewende ebenfalls nichts zu tun. Ähnliche Abgaben erhebt der Staat auf alle Produkte und Dienstleistungen.