Washington. . Mitt Romney, der Herausforderer von Barack Obama, bricht zu seinem einzigen Europa-Trip vor der Wahl auf. Berlin spart er aus, weil er den Vergleich mit dem Obama-Auftritt 2008 an der Siegessäule scheut. Romneys Reise führt nach England, Polen und Israel. Sein Ziel: Wählerstimmen sammeln.
Dass bei einem Volk von über 310 Millionen bei wichtigen Wahlen jede Stimme zählt, ist Amerika spätestens im Jahr 2000 aufgegangen. Damals gaben rund 500 von Hand nachgezählte Wahlstimmen im umkämpften Florida den Ausschlag zu Gunsten von George W. Bush im Zweikampf gegen den Demokraten Al Gore. Mitt Romney, am 6. November Herausforderer von Barack Obama, will kein Risiko eingehen. Zumal die Umfragen bis zuletzt relativ stabil ein Kopf-an-Kopf-Rennen am Wahltag verheißen.
Am Mittwoch bricht der Multimillionär zu seinem einzigen Europa-Trip vor der Wahl auf. Die Reise führt ihn nach England, Israel und Polen. Berlin ist vom Reiseplan gestrichen. Angeblich, weil sich Romneys Terminplan nicht mit dem Urlaubskalender von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Einklang habe bringen lassen. Nur ein Viertel Wahrheit. Romney scheut einen Vergleich mit dem überwältigenden Auftritt des Kandidaten Barack Obama 2008 an der Berliner Siegessäule. Damals wollten 200.000 Menschen den Hoffnungsträger sehen. Romneys Berater geben sich keinen Illusionen hin: „Das hätten wir nie geschafft.”
Auf der Suche nach Profil
In London will der Kandidat seine nimmersatte Wahlkampfmaschine bei zwei Prominenten-Dinnern „betanken”. Eintrittskarten pro Kopf: bis zu 75.000 Dollar. Eine Wiederholung von Romneys Tiraden im ruppigen Vorwahlkampf, als der frühere Manager Europa fortwährend unter Sozialismusverdacht stellte, sind nicht zu erwarten. Außerdem soll an der Themse zur Eröffnung von Sommer-Olympia 2012 ein wenig Glanz auf den Mann abstrahlen, der sich als Retter der Winterspiele von Salt Lake City 1992 empfindet.
Neben dem Bestreben, sich für das Publikum daheim in der Alten Welt außenpolitische Konturen zu geben, verfolgt der Republikaner glasklare Wählerfang-Interessen. Knapp eine Million in Übersee lebende Amerikaner haben bei der Wahl 2008 in den für sie zuständigen Bundesstaaten Stimmzettel angefordert; rund 700.000 kamen rechtzeitig zur Auszählung zurück. Besonders interessant: Rund 150.000 Übersee-Stimmen stammten von „Expatriates” aus wahlentscheidenden Bundesstaaten wie Ohio, Virginia und Florida.
Potenzielle Wähler in Israel
Die gleiche potenzielle Wähler-Zahl haben Romneys Berater in Israel ausgemacht. Ari Fleischer, Ex-Pressechef von George W. Bush, hat kürzlich in Jerusalem und Tel Aviv den Boden für Romney beackert. „Obama schubst Israel herum”, sagte Fleischer, „Mitt Romney wird dagegen fest an der Seite Israels stehen.” Was das heißt, bleibt nebulös. Vorstellungen, wie Romney dem Nahost-Konflikt in Abgrenzung zu Obamas Politik beikommen wollen würde, sind öffentlich nicht bekannt.