Hamburg/Berlin. Das heftig kritisierte Meldegesetz soll der Koalition schon mehr als zwei Monate vor der Verabschiedung bekannt gewesen sein. Demnach hat das Innenministerium Anfang April auf Wunsch der Regierungsfraktionen Formulierungshilfen vorgelegt - inklusive der umstrittenen Widerspruchslösung.
Die heftig kritisierte Änderung beim Bundesmeldegesetz war in der Koalition angeblich schon mehr als zwei Monate vor der Verabschiedung Ende Juni bekannt. Wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in seiner neuen Ausgabe schreibt, legte das Innenministerium Anfang April auf Wunsch der Regierungsfraktionen Formulierungshilfen für das Gesetz vor. Darin sei erstmals die Widerspruchslösung festgeschrieben, nach der Meldeämter personenbezogene Daten grundsätzlich herausgeben dürfen. Im ursprünglichen Entwurf war eine Einwilligung der Bürger noch nötig gewesen. Derweil sorgt die Debatte über das Gesetz für Zoff innerhalb der CSU.
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Auch sei in den Formulierungshilfen aus dem Innenministerium der neue Paragraf 44 Absatz 4 enthalten gewesen, der es Adresshändlern erlaubt, vorhandene Daten mit den Meldeämtern abzugleichen, selbst wenn die Betroffenen widersprochen haben, schreibt der „Spiegel“. Erstmals sei die Änderung bei der ersten Lesung des Regierungsentwurfs im Bundestag am 26. April öffentlich geworden. Der CDU-Abgeordnete Helmut Brandt habe in seiner unbeachteten Rede den Absatz 4 erwähnt, obwohl dieser noch gar nicht im Gesetzestext gestanden habe, sondern nur Teil der unter der Hand vereinbarten Änderungen gewesen sei.
CSU streitet über das Meldegesetz
Unterdessen sorgt das Gesetz für Verstimmungen in der CSU. Der Innenpolitiker Hans-Peter Uhl wehrte sich in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) gegen Kritik des Parteivorsitzenden Horst Seehofer, der den parlamentarischen Umgang mit dem Gesetzestext als „dicken Fehler“ bezeichnet hatte. „Man muss die Vor- und Nachteile einer Widerspruchslösung mit den Fachleuten diskutieren, bevor man von dicken Fehlern spricht“, sagte Uhl der FAS. Der Zeitung zufolge hat Seehofers Kritik auch bei den Kollegen Uhls in der Berliner CSU-Landesgruppe zu großer Verärgerung geführt.
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Auch die FDP-Innenexpertin Gisela Piltz verteidigte die Gesetzesänderung. Das geforderte Datenschutzniveau im jetzt vom Bundestag beschlossenen Gesetz sei besser als das bislang bestehende, sagte sie der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Weitere Verbesserungen würden aber jedenfalls nicht an der FDP scheitern. Auch der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestages, der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach, nannte es unverständlich, warum man die Verbesserung der Datenschutzlage durch das verabschiedete Gesetz als Verschlechterung verkaufe.
Der Bundestag hatte die Novelle am 28. Juni mit den Stimmen von Schwarz-Gelb verabschiedet, als nur wenige Abgeordnete im Plenum saßen. Eine mündliche Diskussion gab es nicht, die Reden wurden zu Protokoll gegeben. Zu dem Zeitpunkt hatte gerade das EM-Halbfinalspiel Deutschland gegen Italien begonnen. (dapd)