Düsseldorf. . Die NRW-Regierung macht ihre Zustimmung zum umstrittenen neuen Meldegesetz im Bundesrat von entscheidenden Änderungen abhängig. Das Gesetz war im Bundestag am 28. Juni vor fast leeren Rängen durchgewunken worden. Kritik gibt's jetzt auch von CSU-Chef Seehofer und Verbraucherministerin Aigner. Änderungen am Meldegesetz seien nicht mit der Bundesregierung abgesprochen gewesen.
Die NRW-Regierung macht ihre Zustimmung zum umstrittenen neuen Meldegesetz im Bundesrat von entscheidenden Änderungen abhängig. Innenminister Ralf Jäger (SPD) forderte die Bundesregierung zu Nachbesserungen beim Paragrafen 44 auf, der es Einwohnermeldeämtern künftig gestatten würde, Daten von Bürgern an Adresshändler, Inkassofirmen oder die Werbewirtschaft zu verkaufen.
„Ich halte das Gesetz in einem zentralen Punkt für problematisch, weil ein Handel mit den Adressen und privaten Daten der Bürger nicht ausgeschlossen werden kann. Das beeinträchtigt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung“, sagte Jäger der WAZ Mediengruppe. Der Bundestag hatte das neue Gesetz am Abend des deutschen EM-Halbfinales gegen Italien beschlossen, als kaum Abgeordnete anwesend waren.
CSU-Chef Seehofer will Meldegesetz nicht zustimmen
Gegenwind kommt jetzt auch von der CSU. "Wenn das stimmt, was ich bisher weiß, dann wird Bayern dem nicht zustimmen", sagte der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer am Montag.
Seehofer betonte, er hoffe, dass nicht CSU-Abgeordnete an dem umstrittenen Gesetzestext beteiligt waren. Er fügte hinzu: "Das wäre nicht schön."
Ministerin Aigner: Änderungen waren nicht abgesprochen
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) sagte, die Bundesregierung habe eine Gesetzesvorlage eingebracht, die die Einwilligung der Bürger bei der Datenweitergabe vorsah.
Die an dieser Vorlage vorgenommene Änderung sei nicht mit der Bundesregierung abgesprochen. Aigner sagte, sie habe nichts von dem Gesetz in der beschlossenen Form gewusst: "Es ist an uns vorbei gegangen."
Auch der Datenschutz-Beauftragte des Bundes, Peter Schaar, kritisiert das neue Meldegesetz. „Es geht nicht an, dass Daten, die der Staat zwangsweise erhebt, gegen Entgelt und ohne Einwilligung des Betroffenen weitergegeben werden“, sagte Schaar der „Bild“-Zeitung.
Der Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) kündigte seinen Widerstand in der Länderkammer an. Er glaube nicht, dass das Gesetz den Bundesrat unverändert überstehe, sagte der SPD-Politiker der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Bei Adresshändlern sollten die Sektkorken nicht zu früh knallen.“
Kritik auch vom Deutschen Städtetag
Auch der Deutsche Städtetag kritisierte das Gesetz. Ein Entgegenkommen gegenüber den Adresshändlern sei problematisch, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy der „Süddeutschen Zeitung“. Für die deutschen Städte sei „der Schutz der personenbezogenen Daten“ ein „kostbares Gut“. Er verwies aber darauf, dass die kommunalen Meldebehörden schon jetzt gesetzlich verpflichtet seien, auf Anfrage Auskünfte aus dem Melderegister zu erteilen. Dafür erheben sie eine Aufwandsgebühr.
Bundesrat will im Herbst beraten
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Helmut Brandt verteidigte im selben Blatt das Gesetz. Er verstehe die Aufregung nicht, wurde Brandt zitiert. Die Widerspruchslösung sei für jeden, der nicht wolle, dass seine Daten nicht weitergegeben würden, ein probates Mittel. In Bezug auf den Adressenhandel habe sich nichts geändert. Es gälten dieselben datenschutzrechtlichen Bestimmungen wie bisher.
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