Berlin. . Der Streit um das Betreuungsgeld ist im Bundestag in die nächste Runde gegangen - diesmal ohne größere Aufregung. Doch die Fronten bleiben verhärtet: Während Unions-Politiker das Projekt preisen, kommen aus SPD und FDP kritische Stimmen. Die erste Lesung des Gesetzentwurfs war geplatzt.
Nun also doch: Der Bundestag beriet am Donnerstag im zweiten Anlauf in erster Lesung das Betreuungsgeld - ohne größere Aufregung. Die FDP pocht ungeachtet der Kritik von CSU-Chef Horst Seehofer auf Änderungen an Details. Dieses sei eine "Leistung auf Pump, die scheinbar keiner so recht will in Deutschland", sagte die familienpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Miriam Gruß, am Freitag in der ersten Lesung im Bundestag. Daher lohne es, das Betreuungsgeld genau zu durchleuchten.
Gruß verwies darauf, dass sowohl Wirtschaft wie auch Verbände, Kirchen und die OECD Bedenken gegen die Leistung hätten. "Daher ist es uns wichtig, dass wir uns zusammensetzen, dass wir miteinander sprechen über diesen Gesetzentwurf." Als ein Maßstab müsse dabei die Generationengerechtigkeit gelten. "Denn auf Schuldenbergen können keine Kinder spielen und erst recht nicht lernen", fügte die FDP-Politikerin hinzu. Weitere Maßstäbe müssten die Chancen- und Geschlechtergerechtigkeit bilden.
Schröder wirft Opposition Beleidigung von Millionen Eltern vor
Familienministerin Kristina Schröder warf der Opposition vor, mit ihrer Kampagne gegen das Betreuungsgeld Millionen Eltern, die ihre Kinder zu Hause erzögen, beleidigt zu haben. Der Lebensentwurf von Millionen Familien werde herabgewürdigt. Die CDU-Politikerin unterstrich zugleich, der Kita-Ausbau und das Betreuungsgeld gehörten zusammen. "Nur beides zusammen ergibt Wahlfreiheit."
Die CSU-Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär war auf der gleichen Linie: Die Eltern müssten entscheiden können, ob sie ihr Kind in eine staatliche Betreuung geben oder daheim erziehen. „Jedes Kind ist anders, deswegen gibt es auch nicht die eine Antwort, was richtig ist“, betonte Bär. Die wirklichen Experten des Kindeswohls seien aber die Eltern. Und die Mehrheit wünschte eine Alternative zur staatlichen Kinderbetreuung, sagte Bär.
SPD-Fraktionsvize Dagmar Ziegler argumentierte dagegen, mehr als zwei Drittel der Gesamtbevölkerung lehnten das Betreuungsgeld ab. „Die Wähler haben nicht auf die Einführung des Betreuungsgeldes gewartet.“ Sie erklärte mit Blick auf den politischen Druck des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer, der sich massiv für die geplante Leistung einsetzt: „Wir sind unserem Gewissen verpflichtet und nicht einem bayerischen Ministerpräsidenten.“
„Auf Schuldenbergen können keine Kinder spielen“
Die FDP-Familienpolitikerin Miriam Gruß, sagte, es gebe noch „viele Fragezeichen“ bei den Maßgaben des Gesetzentwurfes. Daher sei es wichtig, dass gründlich beraten werden müsse. Auch dürfe die Leistung nicht zu weiteren Schulden führen. „Auf Schuldenbergen können keine Kinder spielen.“
Auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sagte, das Betreuungsgeld werde gesellschaftlich nicht gewollt. Es sei ein extrem teurer Versuch, die Koalition aufrecht zu erhalten. Für die Linke kritisierte Familienpolitikerin Diana Golze die geplante Familienleistung scharf: „Streichen sie diesen Gesetzentwurf von der ersten bis zur letzten Zeile.“ Die Leistung berge falsche Anreize.
Erste Lesung gescheitert
Die ursprünglich für Mitte Juni von der Regierung geplante erste Lesung des Gesetzentwurfs zum Betreuungsgeld war gescheitert, weil zuvor die Beschlussunfähigkeit des Bundestages wegen der geringen Zahl anwesender Abgeordneter festgestellt worden war.
Das Betreuungsgeld sollen nach derzeitigem Stand Eltern von ein- und zweijährigen Kindern bekommen, die keine staatlich geförderte Betreuung einer Krippe oder einer Tagesmutter in Anspruch nehmen. (dapd/rtrt)