Berlin. . Die Piraten segeln davon, die FDP kämpft ums Überleben: Die politische Landschaft wird kräftig durcheinandergewirbelt, ein Regierungswechsel 2013 wird zunehmend wahrscheinlich, glauben Wahlforscher vom CDU-nahen Allensbach-Institut.
Die Meinungsforscherin Renate Köcher, Chefin des Allensbach-Instituts, legt sich bereits fest: „Die schwarz-gelbe Koalition wird nach der Bundestagswahl nicht mehr existieren, darauf kann man sein Haus wetten.“
Aber anders als zur Landtagswahl in NRW, wo Umfragen eine Mehrheit für SPD und Grüne voraussagen, dürfte der Aufstieg der Piraten bundesweit auch eine rot-grüne Koalition verhindern. Fast alle Demoskopen sehen derzeit um die 38 bis 40 Prozent für Schwarz-Gelb, 40 bis 42 Prozent für Rot-Grün. Was nun? Die möglichen Optionen im WAZ-Check:
Schwarz-Gelb. Kommt nur, wenn ein Wunder passiert. Daran glaubt nicht mal mehr die Union. Deren Verhältnis zu den Liberalen ist zerrüttet. Die anhaltende Schwäche der FDP, die selbst den Wiedereinzug in den Bundestag gefährdet, können CDU und CSU kaum kompensieren. Laut Allensbach haben die Spitzen in Wirtschaft, Verwaltung und Politik Schwarz-Gelb abgeschrieben, nur drei Prozent rechnen mit einer Neuauflage.
Rot-Grün. Lange sah es nach einer Renaissance aus. Doch bleibt es beim Höhenflug der Piraten, hat auch dieses Bündnis kaum eine Chance. Noch hoffen beide Parteien, die NRW-Wahl werde auf den Bund ausstrahlen. SPD-Chef Gabriel will die Bundestagswahl zur Richtungswahl machen und so Piraten- und Linke-Anhänger an sich ziehen. Doch die Kanzlerin ist bei den Bürgern ungewöhnlich beliebt, eine Polarisierungsstrategie hat ihre Grenzen.
Strategisches Interesse an einer Ampel-Koalition
Große Koalition. Aktuell spricht einiges dafür, dass der Aufstieg der Piraten der Kanzlerin eine weitere Amtszeit sichert, erneut an der Spitze einer Unions-SPD-Regierung. Merkel und die SPD-Spitze haben schon bewiesen, dass sie zusammenarbeiten können. Für die Union ist es fast die einzige Möglichkeit, an der Macht zu bleiben. Jeder zweite Unionsanhänger wünscht sich die Große Koalition – aber nur jeder dritte SPD-Wähler.
Für die Sozialdemokraten ist es das Horrorszenario: Als Merkels Juniorpartner bis 2009 hat die SPD ihre größte Wahlniederlage kassiert. Spekulationen über eine Große Koalition weist die SPD deshalb weit von sich. Sollte es zu Schwarz-Rot kommen, dann erst nach einem harten Wahlkampf.
Ampel. SPD und FDP haben ein strategisches Interesse, sich die Option für Rot-Grün-Gelb zu eröffnen; die Grünen weniger. In Berlin gibt es stabile Gesprächskontakte zwischen SPD und FDP, zuletzt fanden die Parteichefs bei der Kür von Bundespräsident Gauck einen engen Draht. Ein Versuch in den Ländern – etwa in Schleswig-Holstein – gilt als möglich und könnte die Annäherung verstärken. Noch schließen die Parteispitzen für die Bundesebene die Ampel aber kategorisch aus.
Schwarz-Grün. Durchaus möglich. Rechnerisch könnte es klappen, sofern die Piraten nicht auf Kosten der Grünen weiter wachsen. Die Kanzlerin und Teile der CDU-Spitze sind nicht abgeneigt, die Bündnisoptionen zu erweitern. Große Streitthemen wie der Atomausstieg sind abgeräumt. Aber: Erste Erfahrungen in den Ländern haben die Grünen abgeschreckt. Mehr noch als die CDU-Basis dürften ihre Anhänger rebellieren – ohne eine starke Spitze, die die Partei mitnimmt, ginge es nicht.
Schwarz-Grün-Gelb. Möglich, aber unwahrscheinlich. Die Grünen haben eine Jamaika-Koalition schon 2009 ausgeschlossen, daran dürfte sich 2013 nichts ändern. Sie fürchten, nur Steigbügelhalter von Schwarz-Gelb zu sein.
Rot-Rot-Grün. Rechnerisch wäre eine Mehrheit dafür sicher. Doch für 2013 ist ein Bündnis von SPD, Grünen und Linken erneut ausgeschlossen, die SPD hat sich festgelegt – und solange bei der Linken Oskar Lafontaine die Strippen zieht, wird sich daran nichts ändern.
Bündnis mit den Piraten. Der Unsicherheitsfaktor. Sollten die Piraten in den Bundestag kommen, ist offen, ob sie für eine Koalition bereit stünden. Bislang sieht es nicht so aus, sie gelten auch als nicht regierungsfähig. Doch entschieden ist nichts. Wenn, wäre ein Bündnis mit SPD und Grünen am wahrscheinlichsten.