Washington. Im Mai nimmt Amerika einen zweiten Anlauf, den wichtigsten Drahtziehern des 11. September 2001 den Prozess zu machen. Khalid Scheich Mohammed und vier weiteren Angeklagte droht die Todesstrafe - womöglich wirken sie gar selbst darauf hin. „Ich wünsche mir, als Märtyrer zu sterben“, sagte Mohammed 2008.

Janet Hamlin hat sich schon einmal den Zorn des schlimmsten Mannes zugezogen, den sich Amerika vorstellen kann. Als Khalid Scheich Mohammed im Juni 2008 zum ersten Mal vor einem Militärgericht auf der US-Marine-Basis Guantanamo/Kuba zum Tode verurteilt werden sollte, fühlte der Pakistaner seine Nase so schlecht getroffen, dass die einzige zugelassene Gerichtszeichnerin auf Geheiß des Vorsitzenden Richters nachsitzen musste.

Vier Jahre später bekommt Hamlin eine neue Gelegenheit, den Chefplaner des 11. September 2001 für die Weltpresse zu porträtieren. Elf Jahre nach den verheerenden Terror-Anschlägen von New York und Washington und dem Flugzeug-Absturz von Shanksville/Pennsylvania unternimmt Amerika einen letzten Anlauf, die wichtigsten Akteure von „9/11“ zu verurteilen.

80 Millionen Dollar teurer Hochsicherheitsgerichtssaal

In knapp vier Wochen, so bestätigten Verteidigungs- und Justizministerium in Washington, wird Mohammed und vier weiteren seit sechs Jahren auf der Karibik-Insel in Einzelhaft sitzenden El-Kaida-Kadern in einem 80 Millionen Dollar teuren Hochsicherheitsgerichtssaal die Anklageschrift verlesen: 2973-facher Mord, Flugzeugentführung, Verschwörung, Terrorismus, schwere Körperverletzung, Attackierung von Zivilisten und Sachbeschädigung im Großmaßstab sind die wichtigsten Punkte. Im Fall einer Verurteilung droht den Angeklagten die Todesstrafe.

Aus deutscher Sicht wird der Auftritt von Ramsi Binalshibh von besonderem Interesse sein. Der Jemenit wohnte mit Mohammed Atta, dem Anführer der 19 Attentäter, in Hamburg zusammen. Binalshibh war das Bindeglied zwischen der Hamburger Zelle und El Kaida und gehörte zum engsten Zirkel von Terror-Chef Osama Bin Laden. Wie Binalshib, der vor zehn Jahren im pakistanischen Karatschi gefasst wurde, so wurde auch Scheich Mohammed nach seiner Verhaftung 2003 von amerikanischen Geheimdienst-Agenten von CIA und FBI bei Verhören gefoltert.

Angeklagte bekannten sich schriftlich zu ihren Taten

Mohammed, der seine Rolle bei den Attentaten 2002 in einem Interview mit dem TV-Sender Al Dsachira öffentlich beschrieb, und die übrigen Angeklagten sorgten 2008 für eine faustdicke Überraschung, als sie sich schriftlich zu ihren Taten bekannten und Militärrichter Oberst Stephen Henley geradezu um die Todesstrafe baten. "Unser Erfolg ist die größte Lobpreisung des Herrn", rühmten die Männer ihren Beitrag zu den Anschlägen auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington.

Zu einer Verurteilung kam es nie; aus politischen Gründen. Präsident Barack Obama, 2009 frisch im Amt, wollte das weltweit kritisierte Lager auf Kuba zügig schließen und den Gefangenen vor zivilen Gesetzen auf dem amerikanischen Festland den Prozess machen lassen. Massiver Widerstand in Senat und Kongress brachten die Pläne zu Fall. Die Abgeordneten verweigerten ihre Zustimmung zu den Geldern, die eine Überstellung und Verurteilung erfordert hätten.

Im vergangenen Sommer gab Justizminister Eric Holder die Personalakte Mohammed & Co. nach monatelangen Prüfungen wieder zurück in die Hände der Militärgerichtsbarkeit. Bei der Verlesung der Anklageschrift, bei der wahrscheinlich eine eng begrenzte Zahl von Offiziellen, Journalisten und Familienangehörigen zugelassen ist, wird mit Spannung erwartet, ob die Angeklagten – neben Mohammed und Binalshibh sind das Mustafa Ahmed al Hausawi (Saudi-Arabien), Walid bin Attasch (Jemen) und Ali Abdul Asis Ali (Jemen) – erneut versuchen werden, auf eine beschleunigte Verurteilung zum Tode hinwirken werden. 2008 hatte Mohammed, der in Justizkreisen wegen seiner Initialen nur „KSM“ genannt wird, ein arabisches Lied gesungen und im Namen seiner Getreuen gesagt: „Ich wünsche mir, als Märtyrer zu sterben.“ Janet Hamlin, der Zeichnerin, versagte in dem Moment der Stift.