Essen. . Um den Solidarpakt für den Aufbau Ost ist eine neue Debatte entbrannt. Der neue Bundespräsident Joachim Gauck fordert, dass Hilfe dahin fließen müsse, wo sie gebraucht wird. Dortmunds OB Ullrich Sierau bezeichnet den Soli als „perverses System“.

Gut 21 Jahre nach der Wiedervereinigung haben die Oberbürgermeister hoch verschuldeter Städte des Ruhrgebietes genug vom Solidarpakt für den Aufbau Ost. „Der Solidarpakt Ost ist ein perverses System, das keinerlei inhaltliche Rechtfertigung mehr hat“, sagte Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) der „Süddeutschen Zeitung“. Es sei nicht mehr zu vermitteln, dass die armen Städte des Ruhrgebietes sich hoch verschulden müssten, um ihren Anteil am Solidarpakt aufzubringen.

„Der Osten ist mittlerweile so gut aufgestellt, dass die dort doch gar nicht mehr wissen, wohin mit dem Geld. Und bei uns im Ruhrgebiet brennt der Baum“, sagte Sierau.

Der Gelsenkirchener Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD), forderte eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung des Solidarpaktes. „Wir können nicht bis 2019 warten“, sagte er dem Blatt. 2019 läuft der Solidarpakt Ost aus.

„Die Not ist im Westen viel größer“

Baranowski sagte, jetzt sei es an der Zeit, sich auf die Problemregionen im Westen zu konzentrieren. „Die Not ist hier viel größer“, sagte er. Wer in den vergangenen Jahren über die Zukunft des Solidarpakts diskutieren wollte, habe die „Solidaritätskeule“ zu spüren bekommen. „Wer den Soli kritisierte, wurde als Feind der Einheit dargestellt“, klagte Baranowski. „Diejenigen, die den Soli erhalten wollen, müssen sagen, wo sie uns an anderer Stelle entlasten wollen. Sonst sparen wir uns noch kaputt.“

Oberhausens Oberbürgermeister Klaus Wehling (SPD) sagte der Zeitung, während in seiner Stadt Einrichtungen schließen müssten, sanierten die Kommunen im Osten ihre Etats. Essens Oberbürgermeister Reinhard Paß (SPD) sagte dem Blatt: „Der Solidaritätspakt ist nicht mehr zeitgemäß.“ Künftig müsse die finanzielle Situation als Kriterium für die Hilfe entscheidend sein.

Gauck: Solidarität nicht geografisch verorten

Kurz nach seiner Wahl hatte sich der neue Bundespräsident Joachim Gauck in einem ARD-Interview am Sonntagabend bereits in die Debatte eingeschaltet. Er forderte Änderungen am Solidarpakt, damit die Gelder auch benachteiligten Regionen im Westen zugute kommen können. Die Solidarität dürfe nicht nur richtungsmäßig und geografisch verortet werden. „Sondern da wo wirklich eklatante Notstände sind, da muss etwas passieren“, sagte Gauck, der aus dem Osten kommt. Bei seinen Reisen etwa nach NRW habe er „Zustände gesehen, die ich aus Ostdeutschland nicht mehr kenne im öffentlichen Raum“.

Laschet lehnt Aufkündigung des Solidarpakts ab

Nordrhein-Westfalens CDU-Fraktionsvize Armin Laschet lehnt eine Abschaffung des Solidarpaktes ab. Es sei wichtig, Vereinbarungen einzuhalten, das gebe Planungssicherheit, sagte Laschet am Dienstag im Deutschlandfunk. Auf Dauer dürfe man aber "nicht nach Geografie" Geld verteilen, sondern müsse dies nach Bedürftigkeit tun. Daher sei er dafür, den bis 2019 laufenden Solidarpakt zwar nicht vorzeitig aufzukündigen, aber den nächsten anders zu verhandeln.

Die Oberbürgermeister hoch verschuldeter Städte des Ruhrgebietes fordern in der "Süddeutschen Zeitung" das Ende des Solidarpaktes Ost. Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) sagte, es sei nicht mehr zu vermitteln, dass die armen Städte des Ruhrgebietes sich hoch verschulden müssten, um ihren Anteil aufzubringen. (mit dapd)