Essen.

Ein wirtschaftlicher Graben klafft in Deutschland 21 Jahre nach der Einheit. Während die Kommunen in Ostdeutschland volle Kassen haben, stürzen einige westdeutsche Regionen finanziell ab. Trotzdem müssen sie Millionenbeträge in den Aufbau Ost einzahlen.

21 Jahre nach der Einheit reißt in Deutschland ein neuer wirtschaftlicher Graben auf. Ostdeutschlands Kommunen haben volle Kassen. Vier der fünf neuen Bundesländer kommen 2012 ohne neue Schulden aus. Westdeutsche Regionen wie das Ruhrgebiet, Saarland, Bremen und Schleswig-Holstein stürzen dagegen finanziell ab. Dennoch müssen sie weiter jedes Jahr Millionenbeträge in den Aufbau Ost einzahlen.

Die Kommunen in den neuen Ländern schreiben schon seit einigen Jahren überwiegend schwarze Zahlen, sagte der Finanzexperte Florian Boettcher von der Universität Kaiserslautern der WAZ: 2010 sind im Osten im Schnitt 14 Euro Plus je Einwohner erwirtschaftet worden, in Sachsen sogar 51 Euro.

Im Ruhrgebiet im Schnitt Minus von 133 Euro je Einwohner

Anders Nordrhein-Westfalen. Hier gab es im vergangenen Jahr im Schnitt ein Minus von 133 Euro je Einwohner. Das Saarland meldete sogar 220 Euro Verlust. Defizite werden in Nordrhein-Westfalen zunehmend mit teuren Kassenkrediten ausgeglichen. „Das droht außer Kontrolle zu geraten“, fürchtet Boettcher. Ost-Kommunen hätten weniger Pflichtaufgaben und zuletzt auch mehr gespart, glaubt der Finanz-Experte. In Nordrhein-Westfalen sei die staatliche Kommunalaufsicht, die die Ausgaben der Städte und Gemeinden überwacht, zudem weniger streng.

Die Revier-Städte haben den finanziellen Aufschwung Ost mitfinanziert und müssen das noch bis 2019 tun. Von 1993 bis 2008 zahlten sie 2,3 Milliarden Euro in den Solidarpakt ein, hat Gerhard Micosatt von der Forschungsgesellschaft für Raumfinanzpolitik in Bottrop errechnet. In Essen waren es 436 Millionen Euro, Dortmund zahlte 413 Millionen, Bochum und Duisburg 251 und 355 Millionen Euro. Die Landeshauptstadt Düsseldorf gab mehr als eine halbe Milliarde. Selbst sehr arme Kommunen wie Oberhausen und Hagen überwiesen nach diesen Berechnungen noch im Jahr 2008 je acht und 4,3 Millionen.