Berlin. Die Piratenpartei hat sich in der Causa Wulff klar positioniert: Der Bundespräsident solle wegen der Kreditaffäre zurücktreten, fordert Vize-Parteichef Bernd Schlömer. Die umstrittene Mailbox-Nachricht, die Wulff auf dem Handy von Bild-Chefredakteur Kai Diekmann hinterließ, wollen die Piraten nicht veröffentlicht sehen.
Für Bernd Schlömer, seit kurzem „Wulff-Beauftragter“ der Piraten und Vize-Parteichef, ist die Sache klar. Bundespräsident Christian Wulff (CDU) soll wegen seiner Kreditaffäre zurücktreten. Hunderttausende Beschäftigte würden ihre Tätigkeit verlieren, wenn sie mit den gleichen Vorwürfen wie Wulff konfrontiert würden, sagte Schlömer beim Jahrsausblick in Berlin.
Die politische Geschäftsführerin Marina Weisband lehnte aber eine Veröffentlichung von Wulffs Nachricht auf der Mailbox von Bild-Chef Kai Diekmann ab, weil sie sich davon keinen Mehrwert verspricht. „Wir sollten nicht auf Skandal-Sightseeing gehen.“
Piraten haben noch immer keine Position zur Euro-Krise
Immerhin beim Staatsoberhaupt bewiesen die Piraten am Dienstag klare Kante. Beim eigenen Profil hingegen blieben die Polit-Neulinge nach wie vor teils sehr vage. „Meine persönliche Meinung ist irrelevant“, wich Piraten-Chef Sebastian Nerz auf die Frage nach Lösungen für die Eurokrise aus. Denn damit haben sich die Piraten noch nicht basisdemokratisch befasst. Ähnlich sieht es bei der Wirtschaftspolitik aus. Man wolle das Problem erst „in der Tiefe“ verstehen, „bevor wir losknattern“, sagte Weisband, bevor sie zur Frauen-Frage passen musste. Nein, sie könne nicht sagen, wie groß der weibliche Anteil bei den von Männern dominierten Piraten ist. Weil das nicht erhoben werde.
Konkret wurde Weisband beim Leib- und Magenthema der Partei, dem Urheberrecht. Jenes wollen sie mit 86 Änderungsvorschlägen reformieren. Unter anderem soll das Urheberrecht nur noch zehn Jahre nach dem Tod eines Künstlers und nicht mehr 70 Jahre gelten.
Politische Beschlüsse sollen auf dezentralen Piraten-Parteitagen gefasst werden
Politische Beschlüsse wollen die Piraten künftig auf dezentralen Parteitagen erzielen. Mit inhaltlichem Neuland werden sie sich im Laufe des Jahres auf mehreren Konferenzen befassen, wie Nerz ankündigte. Etwa zur Rente, Gesundheit und Pflege. Dies ist auch nötig, da die junge Partei 2013 bei der Bundestagswahl den Sprung ins Parlament anstrebt. Er sei zuversichtlich, die Fünf-Prozent-Hürde zu meistern, sagte Schlömer, wobei Nerz keine Koalitionspräferenzen äußerte.
Im November hatte er über eine Koalition mit Rot-Grün gesprochen und sich dabei Ärger in der Partei eingehandelt. Erst einmal müsse man die Wahl gewinnen. Das wollen die Piraten nicht mit einem bundesweiten Spitzenkandidaten, sondern mit gleichberechtigten Landeslisten erreichen. Oder um es wie Nerz zu sagen: Die Partei setzt auf „Schwarmintelligenz“ vieler Piraten und weniger auf bestimmte Köpfe.
Zunächst aber steht die Wahl in Schleswig-Holstein an, wo die Piraten in Umfragen zuletzt auf sechs Prozent kamen. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir in den Landtag einziehen“, sagte Spitzenkandidat Torge Schmidt, der sich sieben bis acht Prozent erhofft.