Düsseldorf. Eine Klinik-Reform dieser Qualität musste NRW noch nie meistern. Dennoch gibt es neben schlechten auch gute Nachrichten.
In der Schlussphase der Krankenhausreform in NRW bereitet NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) die Bevölkerung auf große Veränderungen in der Kliniklandschaft bis hin zu Klinikschließungen vor. Die Bürgerinnen und Bürger müssten allerdings keine schlechtere Gesundheitsversorgung befürchten.
„Krankenhäuser müssen erreichbar sein“, sagte Laumann am Donnerstag in Berlin. In NRW könnten nach Abschluss der Reform 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in 20 Autominuten ein Krankenhaus mit Grundversorgung erreichen, also eines mit innerer Medizin, Chirurgie, Intensivmedizin und Notaufnahme“, versprach der Minister.
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Keine Konkurrenz mehr zwischen den Kliniken und die Chance auf bessere Behandlungen
Laumann verteidigte die komplizierte Reform. Die Gesundheitsversorgung werde unterm Strich besser. Im bisherigen System seien die Kliniken gezwungen, vor allem solche Leistungen anzubieten, mit denen sie Geld verdienen könnten und machten sich so gegenseitig Konkurrenz. Jetzt würden diese Doppelstrukturen abgebaut, und die Patientinnen und Patienten erhielten mehr als bisher die Chance, von echten Spezialisten behandelt zu werden.
Die rund 330 Kliniken in NRW wurden zuletzt vom Land darüber informiert, welche Leistungen sie künftig noch anbieten sollen. Bis zum 11. August sind sie zur Stellungnahme aufgefordert, um noch Korrekturen vornehmen zu können. Zum Jahresende dürften die Krankenhäuser mit den Bewilligungsbescheiden rechnen, so Laumann.
Versprechen: Bei Herzinfarkt und Schlaganfall sei schnelle Hilfe gesichert
Für die Kliniken sei die Reform mit „erheblichen Konsequenzen“ verbunden, sagte Ingo Morell, Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW (KGNW). Die möglichen Folgen: Abteilungen müssten schließen, Kliniken würden fusioniert oder sogar ganz geschlossen. Für die Menschen in NRW werde aber sichergestellt, dass sie bei einem Herzinfarkt oder Schlaganfall schnell eine Klinik erreichen könnten. Die „Gelegenheitschirurgie“, also Eingriffe von Medizinern, die über wenig Erfahrung verfügten, werde abgeschafft.
Karl-Josef Laumann rechnete vor, wie tiefgreifend die Reform die Krankenhauslandschaft in NRW verändern werde. Nach den vorläufigen Planungen sollten zum Beispiel nur die Hälfte der Kliniken, die Hüftoperationen durchführen wollten, die Genehmigung dafür erhalten. 216 Kliniken würden gern Knie-OP durchführen, aber nur 126 könnten mit der Erlaubnis rechnen. In der Onkologie liege die Ablehnungsquote bei 63 Prozent.
Warum diese Reform?
Die NRW-Landesregierung sagt: „Der Krankenhausplan gibt die Rahmenvorgaben für die stationäre Versorgun vor. Zentraler Grundgedanke ist, dass künftig nicht mehr anhand von Betten, sondern auf der Basis konkreter Fallzahlen über sogenannte Leistungsbereiche und Leistungsgruppen geplant werden soll. Das ist bundesweit eine „kleine Revolution“. Ein Krankenhaus, das sich für eine Leistungsgruppe bewirbt, müsse dabei bestimmte Qualitätsvorgaben sicherstellen, zum Beispiel Fallzahlen, Personal und technische Ausstattung.
Wesentliches Ziel der neuen Krankenhausplanung sei es, die bestmögliche Qualität in der stationären Behandlung für die Patientinnen und Patienten zu erreichen. Durch mehr Abstimmung und Kooperation der Krankenhäuser untereinander sollen die knappen Ressourcen besser eingesetzt werden. Zugleich soll die Bildung von Schwerpunkten der Qualität der Behandlungen zugutekommen. Deshalb sind bei komplexen Leistungsgruppen teilweise „deutliche Konzentrationen“ vorgesehen.
Scharfe Kritik an den Reformplänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)
Die Reform wird von der Krankenhausgesellschaft, den Krankenkassen sowie Ärzte- und Pflegekammer mitgetragen. NRW sei in dieser Frage eine „Blaupause“ für andere Bundesländer, hieß es. „Krankenhäuser sind für kranke Menschen da, nicht kranke Menschen für Krankenhäuser“, sagte Laumann.
Pläne der Bundesregierung für eine eigene Krankenhausreform wiesen die Akteure in NRW zurück. „Krankenhausplanung sollte man in den Ländern machen. Dafür gibt es keine Bundesschablone“, glaubt Laumann.
SPD dringt auf mehr Geld für die wirtschaftlich angeschlagenen Krankenhäuser
Die SPD-Landtagsfraktion erinnerte am Donnerstag an offene Finanzierungsfragen. Fraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat sagte: „Karl-Josef Laumann stellt seine Krankenhausplanung oft und gerne als vollen Erfolg dar. Dabei erwähnt er aber nicht, dass die schwarz-grüne Koalition bei den Mitteln zur Umsetzung genau dieses Krankenhausplans den Rotstift ansetzt und im Nachtragshaushalt von jährlich 500 Millionen Euro auf 350 Millionen Euro kürzen will.
SPD.Gesundheitsexperte Thorsten Klute ergänzte: „Der Investitionsstau bei den nordrhein-westfälischen Krankenhäusern beträgt mittlerweile bis zu 17 Milliarden Euro. Das ist ein unmissverständliches Signal dafür, dass mehr und nicht weniger Geld in unsere Krankenhäuser investiert werden muss.“ Um den Stau abzubauen und den Investitionsbedarf zu decken, würden jährlich mindestens zwei Milliarden Euro mehr benötigt.