Düsseldorf. In Düsseldorf hat der Prozess gegen zwei Mädchen (16,17) und einen Jungen (15) begonnen. Sie wollten mutmaßlich in der Osterzeit zuschlagen.

Sie kannten einander nur von Telegram und kleineren Messenger-Diensten, ihr Interesse am IS wurde womöglich über Tiktok geweckt: Vor dem Düsseldorfer Landgericht treffen sich am Freitag drei Jugendliche erstmals persönlich, die sich bislang wohl lediglich im Internet begegnet sind. 16 und 17 Jahre alt sind die Mädchen aus Iserlohn und Düsseldorf inzwischen; der aus Lippstadt stammende einzige Junge ist erst 15. Er aber soll die Hauptfigur im Trio gewesen sein, das nun nebeneinander auf der Anklagebank sitzt: Die drei sollen islamistische Terroranschläge unter anderem auf christliche Kirchen geplant haben. Zu Ostern dieses Jahres waren sie aufgeflogen.

Die erste Reihe rechts im Saal der 6. Strafkammer bleibt zunächst leer, die Namensschilder liegen umgedreht unter den Mikrofonen. Weil die Angeklagten minderjährig sind, wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen, bevor der Prozess richtig beginnt. Nur die fünf Verteidiger lassen sich fotografieren, sagen wollen sie an diesem ersten Verhandlungstag nichts.

Vater aus Düsseldorf soll mit IS-Spenden aufgefallen sein

Ihre jungen Mandanten werden am Freitagmorgen aus unterschiedlichen Jugendgefängnissen abgeholt und aus dem Hafttrakt des Landgerichts in den Raum geführt; zwei Elternpaare und ein Vater kommen in Begleitung der Rechtsanwälte, da sind die Pressevertreter bereits draußen. Als Erziehungsberechtigte dürfen sie dabei sein. Der Vater des Düsseldorfer Mädchens, das wurde früh bekannt, soll bereits selbst als Terror-Unterstützer aufgefallen sein: Er soll Spenden für den IS gesammelt haben.

Geplanter IS – Anschlag Prozessbeginn
Die Anklage der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf wird vor dem Landgericht verhandelt. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Anschläge im Fastenmonat Ramadan

Auch die Anklage verliest der Generalstaatsanwalt hinter verschlossenen Türen. Ihr Inhalt ist indes bekannt: Die Teenager, allesamt mit Migrationshintergrund, aber deutschem Pass, sollen eine „schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet“ haben. Gemeinsam mit einem Jungen aus dem Raum Stuttgart und möglicherweise Mittätern aus der Schweiz. Bahnhöfe, Gerichtssäle oder Polizeiwachen in Dortmund, Düsseldorf, Köln und Iserlohn sollen sie ausspioniert und schließlich entschieden haben, in Kirchen oder laut Innenminister Herbert Reul auch in Synagogen einzudringen.

Dort wollten sie laut Anklage die Anwesenden mit Schusswaffen und Messern angreifen und möglichst viele Menschen töten. Im Anschluss sollte das jeweilige Gotteshaus mit Molotowcocktails in Brand gesetzt werden. Geplant war das für einen Sonntag im Fastenmonat Ramadan, der in diesem Jahr in die Osterzeit fiel.

Die 6. Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Vorsitz von Richterin Alexandra Bernardy verhandelt gegen die drei jugendlichen Angeklagten.
Die 6. Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Vorsitz von Richterin Alexandra Bernardy verhandelt gegen die drei jugendlichen Angeklagten. © dpa | David Young

Konkret waren diese Anschlagspläne zwar noch nicht, der Zugriff der Polizei dürfte aber gerade rechtzeitig erfolgt sein: Am Karsamstag wurden die Jugendlichen festgenommen. Auf ihren Handys fand man neben den Chats Anleitungen zum Bombenbauen und Propagandamaterial des IS. In Düsseldorf sollen die Ermittler zudem nach Angaben aus Sicherheitskreisen auch eine Machete sowie einen Dolch gefunden haben.

Fünf Tage zwischen Terrorverdacht und Festnahmen

Diesmal hatte es keines ausländischen Geheimdienstes bedurft, um die Ermittler auf die Spur der mutmaßlichen angehenden Terroristen zu setzen. Das Mädchen aus Iserlohn soll die Polizei schon auf dem Schirm gehabt haben, als es den Schutzraum der sozialen Medien verließ, um mit der Düsseldorferin zu telefonieren: In dem Gespräch mit der Jüngeren soll es um eine mögliche Ausreise zur Terrormiliz IS gegangen sein.

Danach dauerte es nur fünf Tage, bis die drei Jugendlichen aus NRW in Untersuchungshaft saßen. Festgenommen wurde auch der 16-Jährige aus Ostfildern in Baden-Württemberg. Ihm wird seit dieser Woche in Stuttgart der Prozess gemacht. Er muss sich zusätzlich wegen Beteiligung an Mord und Brandstiftung mit Todesfolge verantworten.

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Zwei der vier Teenager sollen sich bislang gar nicht zu den Vorwürfen geäußert haben. Zwei der nun in Düsseldorf Angeklagten haben sich offenbar eingelassen, jener aus Lippstadt sogar „umfangreich“, wie es heißt. Ein Rechtsanwalt äußert am Rande des Prozesses, bei derart schweren Vorwürfen und angesichts der nun schon seit April andauernden Untersuchungshaft sei den Mandanten eine Aussage zu empfehlen.

Benedikt Bilstein, Vertreter des mutmaßlichen Haupttäters aus Lippstadt, hatte vergangene Woche gegenüber der Westfalenpost gesagt, die lange Haft und die weite Entfernung zu den Eltern habe „natürlich auch Einfluss auf die Entwicklung des Jugendlichen“.

Terrorpläne gegen Weihnachtsmarkt: Auch hier war der Täter erst 15

Was die Drei am Freitag vor Gericht sagen und ob überhaupt etwas, ist nicht bekannt. Ende Juni dieses Jahres erst verurteilte das Kölner Landgericht einen 15-Jährigen, der ebenfalls einen islamistisch motivierten Anschlag geplant haben soll. Auch er war durch Chats in sozialen Medien aufgefallen. Der Jugendliche bekam eine Jugendstrafe von bis zu vier Jahren, weil er am 1. Dezember 2023 mit einem Lkw über einen Weihnachtsmarkt in Leverkusen fahren wollte. Laut einem Gerichtssprecher wollte auch dieser Teenager „Ungläubige töten“. Er hatte im Prozess gestanden.

Für die Aufklärung der neuen Vorwürfe hat die Strafkammer in Düsseldorf zunächst zwölf Verhandlungstage bis Mitte März eingeplant.