Hagen. In NRW und der Region kommt es immer wieder zu Fällen, in denen junge Menschen als Terrorverdächtige gelten. Ein Überblick.

Sie sind gerade einmal 15 oder 16 Jahre alt und planen einen Terroranschlag – was auf den ersten Blick schockiert, kommt immer wieder vor. So wurden aktuell drei Jugendliche aus Lippstadt, Iserlohn und Düsseldorf wegen Terrorverdachts festgenommen. Aber das ist kein Einzelfall.

Geplanter Terroranschlag auf den Leverkusener Weihnachtsmarkt

Ende des vergangenen Jahres planten zwei Jugendliche einen Terroranschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Leverkusen. Bei einer Durchsuchung in Burscheid bei Leverkusen Ende November wurden ein 15-jähriger Deutsch-Afghane und ein 16-jähriger russischer Staatsbürger aus Brandenburg festgenommen. Sie planten, am 1. Dezember einen Lkw auf dem Weihnachtsmarkt in Leverkusen-Opladen zu sprengen. Ein ausländischer Nachrichtendienst war auf Chatnachrichten des 15-Jährigen aufmerksam geworden und informierte die deutschen Behörden, die sofort reagierten. Die beiden Jugendlichen befinden sich seitdem in Untersuchungshaft.

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Vor wenigen Tagen erschien die Anklage der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf vor der Jugendkammer des Landgerichts Köln: Der 15-Jährige sei hinreichend verdächtig, die Begehung eines islamistisch motivierten Anschlags zum Nachteil von Personen, die er als „Ungläubige“ bewertete, angekündigt zu haben, heißt es in einer Pressemitteilung. Gemeinsam mit dem Mittäter soll er die Begehung eines Anschlags auf den Weihnachtsmarkt ernstlich vereinbart haben. Sie sollen geplant haben, einen mit Gasflaschen gefüllten Kleintransporter auf dem Weihnachtsmarkt zur Explosion zu bringen. Der Anklagevorwurf sieht eine Verabredung zu einem Verbrechen – und zwar Mord – erfüllt. Das Jugendstrafrecht sieht eine Jugendstrafe von bis zu zehn Jahren vor. Das Landgericht Köln hat nun darüber zu entscheiden, ob die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen wird.

Iserlohner plante Anschlag auf Polizisten

Im Oktober 2023 wurde ein Jugendlicher aus Iserlohn zu einer Haftstrafe verurteilt, weil er Terroranschläge im Namen des IS plante. Der 17-jährige Deutsch-Kosovar soll vorgehabt haben, einen Anschlag auf Polizisten zu verüben – gemeinsam mit einem 18-Jährigen aus Bremerhaven. Die Tat sollte möglichst viele Menschen treffen, ein konkretes Ziel oder Zeitpunkt, habe es aber noch nicht gegeben. Zuerst sollte ein Sprengstoffgürtel zum Einsatz kommen, weil der Bau aber zu kompliziert gewesen sei, sollte ein Messerangriff auf Polizisten geplant gewesen sei. Diesem kamen die Ermittler aber zuvor.

Das Oberlandesgericht Hamburg verurteilte den 17-jährigen Iserlohner zu einer Haftstrafe nach Jugendstrafrecht von drei Jahren und sechs Monaten. Beide Angeklagte befinden sich in einem Aussteigerprogramm.

Anschlag auf die Synagoge in Hagen

Am 15. September 2021, zum jüdischen Feiertag Jom Kipur, gab es einen Großeinsatz in der Hagener Innenstadt. Ein 17-Jähriger hatte geplant, die Synagoge in der Potthofstraße in die Luft zu sprengen. Der geplante Anschlag auf die Synagoge in Hagen hatte bundesweit für Schlagzeilen und Bestürzung gesorgt. Vor dem Landgericht Hagen wurde der aus Syrien stammende Jugendliche im März 2022 verurteilt: Die Strafe von einem Jahr und neun Monaten wurde zur Bewährung ausgesetzt – mit der Auflage, die dreijährige Bewährungszeit in einer stationären Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe zu verbringen und sich dort behandeln zu lassen.

Im Verfahren zeigte sich der Angeklagte in großen Teilen geständig. Er hätte zwar konkrete Pläne zum Anschlag auf die Synagoge gehabt, aber noch nichts Konkretes in dieser Hinsicht unternommen, teilte Gerichtssprecher Christian Potthast nach der Urteilsverkündung mit.

Anschlag auf die Sikh-Gemeinde in Essen

Drei Jugendliche aus dem Ruhrgebiet (zum Tatzeitpunkt 16 und 17 Jahre alt) verübten im April 2016 einen Sprengstoffanschlag auf den Essener Sikh-Tempel. Bei der Detonation wurde ein 62 Jahre alter Priester der Sikh-Gemeinde schwer am Bein verletzt und verlor deswegen seinen Beruf in Deutschland. Neben dem Sikh-Tempel war auch ein Einkaufszentrum – die Essener Rathaus-Galerie – als mögliches Ziel des Anschlags im Gespräch gewesen.

Ein Jahr später verurteilte die Essener Jugendstrafkammer den 17-Jährigen aus Gelsenkirchen zu sieben Jahren Haft, den 16-Jährigen aus Essen zu sechs Jahren und neun Monaten – wegen versuchten Mordes und gefährliche Körperverletzung. Sie sollen die selbstgebastelte Bombe vor einer Eingangstür des Tempels gezündet haben. Der dritte Jugendliche, ein 17-Jähriger aus Schermbeck, bekam wegen Verabredung zum Mord eine Jugendstrafe von sechs Jahren.

Geplanter Anschlag mit einer Giftwaffe

Wegen eines geplanten terroristischen Anschlages mit einer Giftwaffe wurde im November 2023 ein 26-jähriger Iraner vor dem Dortmunder Landgericht verurteilt. Er habe immer wieder Kontakt mit Angehörigen des Islamischen Staates (IS) aufgenommen und über das Internet Anleitungen zur Herstellung der Giftstoffe Rizin und Cyanid erhalten. Die Polizei aus Castrop-Rauxel schlug im Januar 2023 zu. Zum Zeitpunkt der Festnahme lebte der Iraner in der AWO-Entzugsklinik in Hagen – hier war er aufgrund einer Vorstrafe untergebracht. Im Sommer 2018 hatte er bei Dortmund einen großen Ast von einer Brücke aus auf die A 45 geworfen und dabei ein Fahrzeug getroffen, die Fahrerin wurde verletzt. Wegen des sogenannten Übernachtungsstatus durfte er am Wochenende bei seinem Bruder in Castrop-Rauxel nächtigen, wo die Polizei ihn festnahm.

Im November 2023 verurteilte das Dortmunder Landgericht den 26-Jährigen wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zu vier Jahren Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung.

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