Berlin. Westliche Sanktionen sollen Russlands Energieexporte verhindern. Doch hunderte Geisterschiffe transportieren weiter Öl und Gas.
Mit einem Embargo will der Westen verhindern, dass Russland durch den Verkauf von Öl und Gas seinen Krieg gegen die Ukraine finanziert. Doch offenbar gelingt es Wladimir Putin, die westlichen Sanktionen zu umgehen – mit einer Geisterflotte. Hunderte marode Schiffe transportieren geheim Öl und LNG-Gas in Länder, die dieses noch von Russland kaufen.
Nun konnten Satellitenbilder zeigen, wie ein sanktioniertes russisches Schiff, die „Pioneer“, vor der Küste Ägyptens russisches LNG-Gas in ein noch nicht auf der Sanktionsliste stehendes Schiff, die „New Energy“ umlädt. Der Vorfall wurde von Diensten entdeckt, die Schiffsbewegungen über Transponder verfolgen, wie der Sender „Bloomberg“ berichtet.
Demnach wurde die „Pioneer“ zuerst am russischen Prestige-Gasterminal Arctic LNG 2 am Nordpolarmeer beladen und fuhr dann an der Küste Norwegens Richtung Südeuropa. Vor dem ägyptischen Hafen Port Said schaltete sie dann den Transponder aus und pumpte das Gas auf die „New Energy“, die vom Suezkanal kam und ihren Transponder ebenfalls ausgeschaltet hatte. Eine bekannte Masche, die es verhindert, das Schiff über das verpflichtende automatische Identifikationssystem AIS aufzufinden.
Wie „Bloomberg“ unter Berufung auf die globale Schifffahrtsdatenbank Equasis berichtet, steht die „New Energy“ im Verdacht, Teil von Putins Geisterflotte zu sein. Die nun bekannt gewordenen Satellitenbilder zeigen zwar nicht den konkreten Umladeprozess zwischen ihr und der „Pioneer“ – legen es aber zumindest nahe. Derzeit soll sich die „New Energy“ auf dem Weg nach Südostasien befinden, um das Gas dort abzuladen.
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Ein undurchsichtiges Firmennetzwerk betreibt die Geisterflotte
Die „New Energy“ wird laut Equasis, einer globalen Schifffahrtsdatenbank, seit Juni von Plio Energy Cargo Shipping verwaltet – das Unternehmen wurde laut dem indischen Ministerium für Unternehmensangelegenheiten erst am 20. Juni dieses Jahres gegründet und soll Teil eines undurchsichtigen Firmennetzwerks sein, die die Geisterschiffe im Auftrag Russlands betreiben.
Experten vermuten dabei schon länger, dass Putin nicht nur eine Geisterflotte für den Verkauf von Öl, sondern auch von LNG-Gas aufbaut. So hatte im Juli die „Financial Times“ berichtet, dass Reedereien mit Beziehungen nach Russland Dutzende Schiffe gekauft hätten. Diese Unternehmen haben häufig ihren Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Schiffe fahren häufig unter der Flagge Panamas, Liberias und Gabuns.
„Es ist keine Überraschung, dass Russland auf den Bau einer LNG-Schattenflotte zurückgreift, so wie es eine Öl-Schattenflotte aufgebaut hat, um die Preisobergrenze der G7 und der EU für russische Ölexporte zu umgehen“, sagte Agathe Demarais, von der Denkfabrik European Council on Foreign Relations „Bloomberg“. „Dass jetzt auch LNG-Schiffe in einer Geisterflotte unterwegs sind, dürfte eine Folge der Sanktionen sein, auch wenn diese nicht so scharf sind wie beim Öl.“
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Geisterschiffe sind Gefahr für die Seefahrt
Für die internationale Seefahrt stellt Russlands Geisterflotte eine erhebliche Gefahr dar. Da die Schiffe ihren Transponder abstellen, ist die Gefahr von Kollisionen mit anderen Schiffen deutlich erhöht. Mehrere Zwischenfälle soll es bereits gegeben haben. Eine Katastrophe sei nur eine Frage der Zeit, schrieb Elisabeth Braw von der Denkfabrik American Enterprise Institute im Oktober. Demnach besorgt Experten auch das Alter und der schlechte Zustand der häufig unversicherten Schiffe die Experten.
Braw verglich die Lage mit dem Autoverkehr: „Stellen Sie sich vor, die Straßen wären voll mit unversicherten Fahrzeugen, die bei der Inspektion durchgefallen sind und ohne Licht fahren – genau das passiert auf den Weltmeeren.“
Da die Geisterschiffe insbesondere in der Nähe von EU-Ländern unterwegs sind, sind insbesondere die dortigen Gewässer gefährdet. Bereits im Juni hatte die EU beschlossen, das Umladen von russischem LNG auf dem Gebiet der EU zum Zwecke des Umschlags in Drittländer zu verbieten. Vergangenes Jahr sollen in EU-Häfen laut Schätzungen aus Brüssel vier bis sechs Milliarden Kubikmeter russisches Flüssiggas verschifft worden sein. Mit der Geisterflotte kann Putin die Energieeinnahmen aufrecht halten, die er für die Finanzierung seines Krieges gegen die Ukraine braucht.
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