Essen. Krankenkassen sollen nur noch dringende Behandlungen bezahlen, fordern Funktionäre. Im Blick haben sie dabei auch ihre Einkommen. Der Gesundheitsexperte Lauterbach findet das unlauter: Die Wut der Ärzte über ungerechte Honorare sei berechtigt - allerdings hätten sie sie selbst ausgehandelt.

Die gesetzlichen Krankenkassen sollen nur noch für dringende Behandlungen aufkommen – das fordern Ärztevertreter. Für leichte oder vermeidbare Erkrankungen sowie nicht zwingend notwendige Behandlungen sollten die Patienten selbst vorsorgen. Rudolf Henke, Chef des Marburger Bundes, forderte im Interview: Die Politik solle eine staatlich geförderte private Zusatzversicherung einführen, „ähnlich wie bei der Riester-Rente” .

Rangliste von Behandlungen gefordert

Vor dem heute beginnenden Deutschen Ärztetag in Mainz hatte Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe eine nach Dringlichkeit gestaffelte Rangliste von Behandlungen verlangt. Auch Henke plädiert für eine „Reihenfolge medizinischer Leistungen”, nach der die Kassen den Einsatz ihrer Mittel richten müssten. „Nachrangig wären dann zum Beispiel Medikamente gegen Magenbeschwerden durch zu fettes Essen”, sagte Henke.

Wie viel Geld die Patienten künftig in die Zusatzversicherung stecken müssten, ließ der Ärztevertreter offen. „Ich weiß es noch nicht. Das soll sich in langen, offenen Diskussionen finden.” Er könnte sich vorstellen, dass die Privatvorsorge in Anlehnung an die Riester-Rente „Gesundheits-Henke” heißen könnte.

Ärzte noch in behaglicher Position

Die Forderung nach Extrabezahlung bestimmter Leistungen kritisierte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach als „unangemessen” angesichts der Wirtschaftskrise. „In dieser Krise werden auch viele Akademiker ihren Job verlieren. Die einzige Berufsgruppe, die davon nicht betroffen ist, sind die Ärzte. Deshalb sollten sie die Kirche im Dorf lassen”, sagte Lauterbach. Bei den Ärzten gebe es Vollbeschäftigung und steigende Einkünfte. Die Gesellschaft benötige in der Krise „die Solidarität der Ärzte und nicht Jammern auf höchstem Niveau”.

Der SPD-Politiker äußerte Verständnis für die Wut jener Ärzte, die durch die Honorarreform benachteiligt würden. „Es kann nicht sein, dass ein Arzt am Nordrhein für die gleiche Leistung weniger Honorar erhält als der Kollege in Niedersachsen.” Doch protestierten die Ärzte gegen eine Reform, die sie selbst so gewollt hätten.

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