Berlin. Sigmar Gabriel hat weitere Hürde auf dem Weg an die SPD-Spitze genommen. Vorstand und Präsidium haben ihn für den Parteivorsitz nominiert. Jetzt muss nur noch der Parteitag zustimmen. Doch einige SPD-Politiker fühlen sich bevormundet. Andrea Ypsilanti soll sich sogar enthalten haben.
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Der SPD-Vorstand hat den bisherigen Bundesumweltminister Sigmar Gabriel für das Amt des Parteichefs nominiert. 77 Prozent der Vorstandsmitglieder stimmten für Gabriel, wie AFP am Rande der Sitzung am Montagabend in Berlin erfuhr. Zuvor hatte sich bereits das Parteipräsidium für Gabriel ausgesprochen.
Das SPD-Präsidium hatte sich am Nachmittag bereits für den bisherigen Bundesumweltminister Sigmar Gabriel als neuen Parteichef ausgesprochen. Wie AFP am Rande der Beratungen am Montag in Berlin erfuhr, billigte das Präsidium auch den Vorschlag für die bisherige Parteivize Andrea Nahles als künftige Generalsekretärin sowie für die Besetzung der vier Stellvertreterposten. Kritik gab es an der Art und Weise von Vorentscheidungen außerhalb der Parteigremien.
Nach dem Präsidium beriet auch der Parteivorstand über die Personalvorschläge. Er sollte am späten Nachmittag die Nominierungen offiziell beschließen. Gewählt wird die neue Führungsspitze auf dem SPD-Parteitag Mitte November in Dresden. Als stellvertretende Parteivorsitzende sind dem Votum des Präsidiums zufolge Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit, der bisherige Arbeitsminister Olaf Scholz, NRW-Landeschefin Hannelore Kraft und Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig vorgesehen.
Ypsilanti soll aus Protest nicht mitgestimmt haben
"Das, was da passiert ist, widerspricht der demokratischen Verfassung einer Partei", sagte SPD-Vorstandsmitglied Hermann Scheer vor den Gremiensitzungen in Berlin. «Es handelt sich um die Selbstnominierung eines Personenkreises», die ohne jede demokratische Legitimierung auf dem Weg über die Medien erfolgt sei, kritisierte Scheer parteiinterne Absprachen im Vorfeld. Die frühere hessische SPD-Chefin Andrea Ypsilanti enthielt sich nach einem Bericht von «Spiegel Online» im Präsidium bei der Abstimmung über Gabriel der Stimme, dem Magazin zufolge offensichtlich ebenfalls aus Protest über das Auswahlverfahren.
An den Vorab-Absprachen waren neben Gabriel und Nahles unter anderen der bisherige Parteichef Franz Müntefering sowie der Ex-Kanzlerkandidat und neue Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier beteiligt. Müntefering hatte als Konsequenz aus der SPD-Niederlage bei der Bundestagswahl nach anfänglichem Zögern auf eine neue Kandidatur verzichtet. Auch der bisherige Generalsekretär Hubertus Heil tritt nicht mehr an.
Debatten über Rente mit 67
Es gebe keine «Entscheidungen im Hinterzimmer», sondern offizielle Abstimmungen im Präsidium und im Vorstand, wies Wowereit vor Sitzungsbeginn den Vorwurf der Kungelei zurück. Der Berliner Regierungschef lobte «die breite Aufstellung» der künftigen Parteispitze. «Es ist natürlich, dass es Gespräche geben muss, damit Vorschläge entstehen für die neue Parteispitze», verteidigte auch Thüringens SPD-Landeschef Christoph Matschie das Auswahlverfahren. Kraft rief die SPD im ZDF auf, sie müsse jetzt «nach vorne schauen».
Debatten gab es in der SPD weiterhin über eine Abkehr von der Rente mit 67. Juso-Chefin Franziska Drohsel stellte sich in der «Frankfurter Rundschau» vom Montag hinter einen entsprechenden Vorstoß Wowereits: «Seine Forderungen gehen in die richtige Richtung, sowohl bei der Rente mit 67 als auch bei Hartz IV.» «Unsere Rentenpolitik ist noch nicht überzeugend», sagte auch Schleswig-Holsteins SPD-Landeschef Ralf Stegner dem «Hamburger Abendblatt». Allerdings sei es keine Lösung, «alles rückgängig zu machen».
Im Umgang mit der Linkspartei sprachen sich sowohl Stegner als auch Drohsel dafür aus, rot-rote Bündnisse nicht länger auszuschließen. «Man muss, wenn das Wahlergebnis es so verlangt, grundsätzlich mit der Linkspartei genauso zusammenarbeiten wie mit der FDP, die gegen Mindestlöhne ist. Das macht für mich keinen Unterschied», sagte Stegner. (afp)