Berlin. Die Festgesellschaft war bezaubert. Gesine Schwan lachte und tanzte, sie sprach mit mindestens allen Gästen und strahlte einen hinreißenden Optimismus aus. Es wurde spät und immer fröhlicher. Die Festgesellschaft wirkte so schwerelos, dass man es nicht glauben konnte: Man war bei der SPD.
Die Festgesellschaft war bezaubert. Gesine Schwan lachte und tanzte, sie sprach mit mindestens allen Gästen und strahlte einen hinreißenden Optimismus aus. Es wurde spät und immer fröhlicher. Die Festgesellschaft wirkte so schwerelos, dass man es nicht glauben konnte: Man war bei der SPD.
Bei derselben SPD, die von Gerhard Schröders Reformkurs furchtbar schlechte Laune bekommen und behalten hatte. Man war bei der SPD am Abend vor der absehbaren Niederlage bei der Wahl des Bundespräsidenten. Und trotzdem feierte die Partei ihre Kandidatin, und die Kandidatin feierte mit der Partei ihren Geburtstag sowie ihre Verlobung mit Peter Eigen.
Damals charmant, heute tapfer
Fünf Jahre später muss man daran erinnern, wie Schwan seinerzeit Herzen erobert hat, weil heute vieles anders ist. Zwei Kandidaturen haben zwei Kandidatinnen geformt. Die erste Kandidatin, die nach Horst Köhlers Wahlsieg als „Präsidentin der Herzen” gewürdigt wurde, war klug, charmant, unbefangen und verstand es, Menschen um sich zu sammeln. Die Zweite ist klug, tapfer, befangen und etwas alleinstehend.
Bei der dritten Frage von Journalisten nach dem Rückhalt in ihrer Partei gefriert Schwans Lächeln. Mehrfach hat sie schon gesagt, dass sie sich in der Bundesversammlung auf alle Genossen verlassen könne, und jetzt versichert sie: „Ich weiß wirklich, was hinter den Kulissen läuft.”
Hinter den Kulissen – das bedeutet hinter ihr, nicht um sie herum. Hinter ihr waren einige Sozialdemokraten auf Distanz gegangen. Schwan hatte vor wachsender Wut in der Bevölkerung in der Krise gewarnt und war von Union und FDP kritisiert worden, sie beschwöre soziale Unruhen förmlich herauf. In dieser Unterstellung schien die ganze Misere dieser Kandidatur auf.
Unter keinem glücklichen Stern
Vor fünf Jahren wäre niemand auf die Idee gekommen, Schwan eine solche Absicht oder ein solches Versehen zuzutrauen. Diesmal aber stand Schwans Nominierung, zu der sie den damaligen Vorsitzenden Kurt Beck vor einem Jahr durchaus überredete, unter unglücklichen Sternen. Die Republik diskutierte über Andrea Ypsilantis Wortbruch im Umgang mit der Linkspartei in Hessen. Beck taumelte zusehends im Vorsitz, aus dem er hinausfallen sollte. Und Schwan warb offen um Stimmen der Linkspartei in der Bundesversammlung, was die neue Führung um Franz Müntefering wenig begeisterte.
Schwan konnte sich nie von dem Eindruck befreien, dass ihre Kandidatur Teil der schwierigen Erbmasse Becks sei. Auch die Aussicht auf die schrumpfende Mehrheit des bürgerlichen Lagers hat ihr nicht gut getan.
Während ihrer ersten Kandidatur konnte sie Sympathie gerade auf der Basis des abzählbaren Scheiterns gewinnen. Beim zweiten Mal will sie gewinnen und hat Charme, Unbefangenheit und Sympathie verloren.
Verbissene Angriffe auf Köhler
Manchmal zeigte sie sich verbissen, wenn sie Köhler angriff, weil dessen Politikerschelte dazu beitrage, dass die Demokratie erodiere. Manchmal war es auch einfach ein Montesquieu zuviel, mit dem sie ihre Vorträge über Demokratie dekorierte.
Am kommenden Samstag feiert die Kandidatin ihren 66. Geburtstag, mit Peter Eigen ist sie inzwischen verheiratet, und viele Gäste werden die SPD-Party vermutlich zeitig und unbezaubert verlassen.