Berlin. Gesine Schwan lächelt energisch. Zweifel an ihrer Eignung, Medienberichte über mangelnden Rückhalt in der SPD, ihre schlechten Aussichten bei der Bundespräsidentenwahl: Die Kandidatin lächelt alles kurz und klein. Jedenfalls versuchsweise.
Am Montag tritt sie mit dem Vorsitzenden Franz Müntefering vor Journalisten. Zuvor hat sie im Parteirat gesprochen und Rückendeckung erhalten. Jetzt präsentiert Müntefering Rückendeckung für die Öffentlichkeit. „Gesine Schwan ist unsere Kandidatin. Sie hat unsere volle Unterstützung. Sie hat unsere Stimmen, und zwar alle.” In der Bundesversammlung am 23. Mai würden die Wahlfrauen und Wahlmänner der SPD „durchwählen, bis sie gewonnen hat.” Schwan sagt dazu: „Das ist eine schöne Aussage des Vorsitzenden.”
Schlecht, dass man drüber reden muss
Im Prinzip sind das harmlose Sätze, aber der Umstand, dass man sie aussprechen muss, beweist eben, dass etwas fehlt. Selbstverständlichkeit. Eigentlich müssten die Sozialdemokraten ihre Präsidentschaftskandidatin derart selbstverständlich unterstützen, dass man nicht darüber zu reden bräuchte.
Muss man aber offensichtlich. Die Kritik, die Schwan sich mit ihrer Warnung vor einer „explosiven Stimmung” in der Bevölkerung zugezogen hat, wurde auch in ihrer Partei geteilt. Am Wochenende hatte die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung” gemeldet, dass die SPD-Abgeordneten Gunter Weißgerber und Rainer Fornahl der Kandidatin die Stimme verweigern wollten.
Als alte Geschichte wegkommentiert
In dem Bericht stand auch, dass Frank-Walter Steinmeier sich Ende 2007 in kleinem Kreis für eine Kandidatur von Joschka Fischer ausgesprochen habe. Fraktionschef Peter Struck und Parteivize Peer Steinbrück sollen zugestimmt haben. Doch der damalige Vorsitzende Kurt Beck habe eine Nominierung des grünen Ex-Außenministers abgelehnt, weil er Horst Köhler mitwählen wollte.
Müntefering kommentiert alles als alte Geschichte weg, die aufgewärmt worden sei, und Schwan wiederholt, was sie bereits am Morgen im Fernsehen gesagt hat. Sie könne sich auf die Genossen verlassen.
Schwan: Ausgang der Wahl völlig offen
Im „ZDF-Morgenmagazin wiederholt sie auch ihre Warnung vor der Wut in der Bevölkerung, die wachsen könnte, wenn die Ungerechtigkeitsgefühle in der Krise größer würden. Sie weist noch einmal darauf hin, dass sie von „sozialen Unruhen” nicht gesprochen habe.
Und sie betont, dass es sie nicht beunruhige, was sie über ihre Chancen bei der Wahl in Zeitungen lese. Sie wisse wirklich, was hinter den Kulissen stattfinde. Der Ausgang der Wahl sei völlig offen. Wenn jedoch alle Wahlleute von Union, FDP und Freien Wählern aus Bayern wie angekündigt Horst Köhler wählen, dann wäre er im ersten Wahlgang bestätigt.
Er erfordert eine Mehrheit von 613 Stimmen unter den 1224 Delegierten. Köhlers Lager verfügt über 614 Stimmen. Bei der letzten Bundespräsidentenwahl hatte Schwan immerhin zehn Stimmen mehr bekommen, als das linke Lager aufzubieten hatte. Damals war Köhler allerdings ein weithin unbekannter Kandidat. Heute ist er ein beliebter Amtsinhaber.