Berlin. Bei aller Freude über den Wahlsieg: Die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und FDP dürften ein hartes Brot werden. Denn zwischen den beiden Partnern gibt es erhebliche Differenzen. DerWesten zeigt, wo Streit programmiert ist.

Union und FDP wollen rasch mit ihren Koalitionsverhandlungen beginnen und binnen vier Wochen eine schwarz-gelbe Regierung bilden. Doch die Koalitionsverhandlungen könnten hart werden, denn zwischen den Programmen von CDU/CSU und Liberalen hakt es an vielen Stellen:

STEUERN: Beide Parteien haben im Wahlkampf Steuersenkungen versprochen - die der Union fallen aber vergleichsweise bescheiden aus. CDU/CSU wollen die schleichende Steuererhöhung aufgrund des Tarifverlaufs («kalte Progression») mildern. Dafür soll der Eingangssteuersatz in zwei Schritten von bislang 14 Prozent auf zwölf Prozent gesenkt werden. Das Einkommen, ab dem der Spitzensteuersatz greift, soll ebenfalls schrittweise von 52.000 Euro auf 60.000 Euro angehoben werden.

Für die FDP ist die Forderung nach einem radikal vereinfachten Steuersystem Kernpunkt ihres Wahlprogramms - was die Union als «unseriös» kritisiert. Die Liberalen streben einen Drei-Stufen-Tarif bei einem Grundfreibetrag in Höhe von 8004 Euro pro Bürger an. Für Einkommen bis 20.000 Euro sollen zehn Prozent Steuern gezahlt werden, bei 20.000 bis 50.000 Euro sind 25 Prozent fällig und bei allen Einkommen darüber sollen 35 Prozent gelten. Das Konzept soll die Bürger nach FDP-Angaben um rund 35 Milliarden Euro entlasten. Die FDP will einen Koalitionsvertrag nur unterschreiben, wenn dieser ein «faires, neues Steuersystem» umfasst.

Lockerung des Kündigungsschutzes

ARBEIT: Die FDP plädiert für die Auflösung der Bundesagentur für Arbeit, die Union bekennt sich in ihrem Programm hingegen zur Nürnberger Anstalt. CDU und CSU treten allerdings für deren Weiterentwicklung ein. Nach dem Willen der Liberalen soll der Kündigungsschutz gelockert werden und nur für Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten und erst nach einer Betriebszugehörigkeit von zwei Jahren gelten. Die Union will den bestehenden Kündigungsschutz hingegen nicht antasten.

BUNDESWEHR: Während CDU/CSU auch in Zukunft an der Wehrpflicht festhalten wollen, plädiert die FDP für ein schnellstmögliches Ende des Wehrdienstes und den Umbau der Bundeswehr zu einer Freiwilligenarmee. Auch in einer weiteren Bundeswehr-Frage liegen Union und FDP weit auseinander: CDU und CSU wollen als einzige der im Bundestag vertretenen Parteien die Rechtsgrundlage für Bundeswehreinsätze im Innern bei Katastrophen oder Terrorangriffen schaffen. Die FDP dagegen lehnt den Einsatz der Bundeswehr im Innern über bestehende Aufgaben hinaus strikt ab.

Streitpunkt Gesundheitsfonds

DATENSCHUTZ: Die FDP fordert den Verzicht auf die umstrittene Online-Durchsuchung bei privaten Computern und die Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung bis zur endgültigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Damit dürften die Liberalen insbesondere bei dem bisherigen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf Granit beißen.

GESUNDHEIT: Die FDP will den von ihr als zu bürokratisch kritisierten Gesundheitsfonds abschaffen, die Union lediglich Korrekturen daran vornehmen. Dies betrifft aber nur den im Fonds geregelten Finanzausgleich der Kassen sowie Änderungen beim Honorarsystem für die Ärzte. Die Liberalen wollen zudem weg von der Lohnbezogenheit der Beiträge hin zu einem «leistungsgerechten Prämiensystem». Dies erinnert an die frühere Unionsforderung nach einer Kopfpauschale, die im aktuellen Wahlprogramm von CDU/CSU aber nicht mehr enthalten ist. (afp)