Berlin. Schon vor den Koalitionsverhandlungen ist zwischen Union und FDP ein Streit über die innere Sicherheit entbrannt. Die FDP pocht auf eine Korrektur beschlossener Gesetze, die Union sperrt sich dagegen. Die Liberalen werfen der Merkel-Partei deshalb schlechten Umgangsstil vor.

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Wolfgang Bosbach, hat sich gegen eine Aufweichung der Sicherheitsgesetze in den Koalitionsverhandlungen mit der FDP ausgesprochen. «Wir können nicht mit dem polizeilichen Instrumenten der 1990er-Jahre gegen die terroristische Bedrohungslage des 21. Jahrhunderts antreten», sagte der CDU-Politiker der «Neuen Osnabrücker Zeitung».

Die Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten und Online-Durchsuchungen sei unverzichtbar, damit die Sicherheitsbehörden technisch auf der Höhe der Zeit blieben. «Die Kommunikationstechnik hat sich rasant verändert, darauf musste der Gesetzgeber angemessen reagieren», sagte Bosbach laut Vorabmeldung. Im Kampf gegen die aktuelle terroristische Gefahr lasse sich mit dem Abfangen von Brieftauben nichts mehr erreichen.

FDP fordert Korrekturen

Auch an Internetsperren für kinderpornografische Seiten wolle die Union festhalten. «Ich verstehe die Kritik der Liberalen an den auf Kinderpornografie beschränkten Netzsperren nicht», sagte der Innenpolitiker. Es gebe kein Recht auf ungehinderten Zugriff auf Kinderpornografie im Internet.

Auch die bayerische Justizministerin Beate Merk lehnte größere Kurskorrekturen ab. «Ich habe größte Bedenken bei Forderungen nach einem generellen Richtungswechsel», sagte die CSU-Politikerin der «Frankfurter Rundschau». In der Sicherheitspolitik gebe es die deutlichsten Unterschiede in den Positionen von Union und FDP. Merk unterstrich, dass «die Sicherheit der Bevölkerung im Mittelpunkt unserer Rechtspolitik steht.»

Internetverband verlangt Rücknahme der Internetsperre

Die bayerische FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die als künftige Bundesjustizministerin gehandelt wird, hatte zuvor Korrekturen von Entscheidungen aus der Zeit der großen Koalition verlangt. Sie mahnte eine Stärkung der Freiheits- und Bürgerrechte an. Änderungen müsse es zum Beispiel beim BKA-Gesetz geben. Die FDP-Politikerin wandte sich außerdem gegen ausufernde Anti-Terror-Gesetze und gegen Internetsperren.

Der Internetverband Eco erwartet, dass die FDP als Koalitionspartner der Union in der Bundesregierung dafür sorgen wird, das Gesetz zur Sperrung von kinderpornografischen Internetseiten wieder zu kippen. Oliver Süme, Vize-Vorstandschef des Verbandes, der etwa 250 betroffene Provider vertritt, sagte dem «Hamburger Abendblatt» (Donnerstagsausgabe), die Liberalen hätten dem Gesetz bereits im Gesetzgebungsverfahren sowie in ihrem Wahlprogramm eine Absage erteilt. Das müsse jetzt umgesetzt werden.

Die warf den Unionsparteien schlechten Stil vor. Die stellvertretende FDP-Vorsitzende Cornelia Pieper sagte der «Bild»-Zeitung: «Es ist kein guter Umgangsstil, bereits vor den Koalitionsgesprächen zu sagen, was nicht verhandelt werden darf.» Offenbar gebe es in der Union große Nervosität. «Viele sind offenbar nur auf Ämter fixiert», sagte Pieper laut Vorabmeldung. Dagegen wollten die Liberalen in den Verhandlungen die besten Ergebnisse für Deutschland erzielen. (ap/afp)