Berlin. Die neue Regierung ist noch nicht im Amt, da stecken die Lobbygruppen bereits ihre Forderungen ab. Der Arbeitgeberverband verlangt von Schwarz-Gelb unter anderem einen flexibleren Kündigungsschutz. Die Gewerkschaften sind alarmiert und kündigen Widerstand gegen soziale Einschnitte an.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hofft, dass die künftige Bundesregierung die Weichen wieder auf Wachstum stellt. Priorität habe die Sicherung der Unternehmensfinanzierung für Investitionen und Arbeitsplätze, sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Reinhard Göhner am Dienstag dem Sender NDR Info. Man müsse Banken in die Lage versetzen, dies durch Kredite oder Kreditverlängerungen zu ermöglichen. Neue Belastungen in den Bereichen Steuern und Abgaben für Unternehmen und Arbeitgeber müssten verhindert und später auch abgebaut werden.
BDA-Präsident Dieter Hundt forderte eine Reform beim Kündigungsschutz. «In der Arbeitsmarktordnung benötigen wir mehr Flexibilität», sagte er dem «Tagesspiegel». Dabei gehe es nicht darum, den bestehenden Kündigungsschutz der Beschäftigten zu verändern, «sondern den Einstieg in Arbeit für Arbeitslose zu erleichtern».
Entlastung von Unternehmen und Arbeitnehmern
Hundt sagte weiter, mittelfristig gelte es, Unternehmen und Arbeitnehmer bei Steuern und Abgaben zu entlasten. Die öffentlichen Haushalte müssten mit «strikter Ausgabedisziplin konsolidiert» und die Sozialversicherungen mit Reformen, die die Ausgaben senken, zukunftsfest gemacht werden.
Die Forderungen der Arbeitgeber an die neue Regierung bringt die Gewerkschaften in Hab-acht-Stellung. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi warnte davor, dass sich unter der neuen schwarz-gelben Regierungskoalition die soziale Spaltung in Deutschland verschärft. Verdi-Chef Frank Bsirske sagte der «Berliner Zeitung», er befürchte, «dass sich die Spaltung der Gesellschaft zwischen Arm und Reich weiter vertiefen wird, weil die FDP eben keine Partei des sozialen Ausgleichs ist.»
Bsirske sagte weiter: «Die neue Regierung wird, wenn man ihre Ankündigungen übersetzt, in der Steuerpolitik die Umverteilung von unten nach oben verstärken. In der Gesundheitspolitik, in der Renten- und in der Arbeitslosenversicherung wird sich vermutlich der Druck auf die Abschaffung und Kürzung von Sozialleistungen erhöhen.»
Verdi kündigt massiven Widerstand an
Bsirske kündigte gleichzeitig massiven Widerstand gegen Sozialabbau an. Er sei überzeugt, betonte der Verdi-Chef, «dass eine mögliche Politik des ungebremsten Sozialabbaus auf starke Gegenwehr in der Gesellschaft stoßen» würde. Bsirske sagte: «Falls die neue Regierung eine Weg einschlagen sollte, der die sozialen Konflikte verschärft, wird sie die Mobilisierungsfähigkeit der Gewerkschaften herausfordern.»
Auch aus der Bankenwelt kommen erste Forderungen an die neue Regierung. Deutsche Bank-Chefvolkswirt Norbert Walter verlangte von Union und FDP einen Zeitplan für den Rückzug des Staates aus der Finanzbranche. «Hilfreich ist ein klares zeitliches Ziel: In drei Jahren muss der Staat wieder raus sein aus dem privaten Bankensektor», sagte Walter laut «Focus Online».
Banken fordern schnelle Reformen
Der deutsche Bankenverband will von der neuen Bundesregierung eine schnelle Umsetzung der G20-Beschlüsse. Manfred Weber, geschäftsführender Vorstand des Bundesverbandes deutscher Banken, sagte der «Berliner Zeitung», er sei der Ansicht, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise «uns noch vor erhebliche Herausforderungen stellen wird».
Der Bankenverband setze darauf, dass Union und FDP die Umsetzung der G20-Beschlüsse in europäische und deutsche Regeln vorantrieben. Das gelte etwa für die Kapitalausstattung von Finanzunternehmen und für die Kooperation der Aufsichtsbehörden. (ddp)