Essen. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) geht auf Distanz zur wechselseitigen Video-Beobachtung der beiden großen Parteien in Nordrhein-Westfalen. „Politische Parteien dürfen sich in der Demokratie nicht feindselig gegenübertreten”, stellte Rüttgers im Gespräch mit der WAZ klar.
„Ich halte die gegenseitige Filmerei für nicht notwendig.” Damit rügt der Regierungschef und CDU-Landesvorsitzende das Verhalten seines eigenen Generalsekretärs, der ein Profi-Team angeheuert hatte, um die Auftritte von SPD-Chefin Hannelore Kraft zu filmen. Zugleich kritisiert Rüttgers aber auch die SPD, deren Jugendorganisation Reden von ihm gefilmt hatte – unter anderem jene, bei der er sich abfällig über die Arbeitsmoral von Rumänen ausließ. Rüttgers hatte sich für diese, wie er heute sagt, „falsche Äußerung” mehrfach klar entschuldigt.
Wahlkampf müsse zwar „ein leidenschaftlicher Wettstreit”, aber eben „um die besten Lösungen sein”, so Rüttgers weiter. „Ich will das Meine dafür tun, dass wir in NRW – also auch meine Partei – uns daran halten”, sagte der CDU-Landeschef. Ausdrücklich stimmte Rüttgers dem Bundestagspräsidenten und Bochumer CDU-Politiker Norbert Lammert zu, der die Video-Beobachtung beider Parteien gegenüber der WAZ als abträglich für die politische Kultur bezeichnet hatte.
Rüttgers bezieht sich auf Rau
Auffallend: Rüttgers bezog sich rund um das Video-Thema mehrfach auf den früheren Ministerpräsidenten Johannes Rau (SPD), als dessen geistig-politischer Erbe sich der CDU-Mann zum Verdruss der SPD seit geraumer Zeit positioniert: „Johannes Rau hätte alle Parteien aufgefordert, damit sofort aufzuhören”, so Rüttgers im Stil eines über den Parteien stehenden Mahners. Unter Rau wäre zudem eine „Abteilung Feindbeobachtung” bei der SPD „undenkbar gewesen”.
Scharf kritisierte Rüttgers SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier, der die Entschuldigungen des NRW-Regierungschefs in punkto Rumänen-Schelte nicht akzeptiert und in einem WAZ-Gespräch weitere Entschuldigungen gefordert hatte. „Da will der Täter von sich selbst ablenken, er will sich zum Opfer machen. Johannes Rau hätte so etwas nie mitgemacht”, klagte Rüttgers, der Steinmeier „Doppelmoral” vorwarf.
Die NRW-Justiz wird kein Ermittlungsverfahren gegen Rüttgers wegen der Rumänen-Schelte einleiten. Die Äußerungen seien „strafrechtlich nicht relevant” und erfüllten weder den Tatbestand der Volksverhetzung noch der Beleidigung, teilte die zuständige Staatsanwaltschaft Duisburg am Freitag mit.